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Betrug im Gesundheitswesen: Zahl der gemeldeten Fälle deutlich zurückgegangen

Freitag, 24. März 2023

/studio v-zwoelf, stock.adobe.com

Berlin – Die Zahl der gemeldeten Fälle von Fehlverhalten im Gesundheitswesen ist während der Coronapan­demie deutlich zurückgegangen. Das geht aus dem heute veröffentlichten Bericht über die Arbeit und Ergeb­nisse der Stelle zur Bekämpfung von Fehverhalten im Gesundheitswesen des GKV-Spitzenverbands hervor.

Von Urkundenfälschung bis zu organisiertem Abrechnungsbetrug waren in den Jahren 2020 und 2021 zu­sammen 17 Prozent weniger Neufälle als im Vergleichszeitraum 2018 und 2019 bekannt geworden: Waren es damals noch zusammengenommen 28.197 Neufälle, fiel die Zahl nun auf 23.341.

Auch die Zahl der besonders schweren Fälle – jener, die zu Strafanzeigen bei der Staatsanwaltschaft führten – hat sich mit einem Minus von 14 Prozent spürbar verringert und fiel von 2.952 auf 2.538. Insgesamt verrin­ger­­te sich die Zahl der bei den Kassen angezeigten Fehlverhaltenshinweise um 6,5 Prozent, von 42.350 Hin­weisen in den Jahren 2018 und 2019 auf 39.600 Hinweise.

Dabei sank die Zahl der internen Hinweise mit 11,65 Prozent mehr als doppelt so stark wie die der externen Hinweise, die um 5,33 Prozent abnahmen. Insgesamt betrug der ermittelbare entstandene Schaden 132 Milli­o­nen Euro in den beiden Jahren 2020 und 2021, im vorherigen Betrachtungszeitraum waren es noch 186 Millionen Euro gewesen – ein Rückgang von 29 Prozent.

Weniger Meldungen wegen der Pandemie

Der GKV-Spitzenverband sieht in den Zahlen allerdings keinen Grund zur Freude: Denn nach Einschätzung der Kranken- und Pflegekassen sei der Rückgang vor allem auf die Coronapandemie zurückzuführen – speziell da­rauf, dass die Qualitäts- und Abrechnungsprüfungen des Medizinischen Dienstes ausgesetzt worden seien. Außerdem habe die Pandemie die Hinweisprüfung und Ermittlung von Neufällen verzögert sowie die Ver­fahrensdauer der verfolgten Bestandsfälle verlängert.

„Obwohl während der Coronapandemie nicht in der bisherigen Intensität geprüft werden konnte, beträgt der ermittelbare entstandene Schaden für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung rund 132 Millionen Euro. Davon konnte nur weniger als die Hälfte erfolgreich zurückgeholt werden“, beklagte Gernot Kiefer, stell­vertretender Vorsitzender des GKV-Spitzenverbands.

Die Summe sei aber vermutlich nur ein Bruchteil des tatsächlichen Schadensumfangs, erklärte er. Denn das Dunkelfeld sei bekanntlich sehr viel höher: „Wir appellieren an die Bundesregierung, eine kriminologische Dunkelfeldstudie zu veranlassen, wie es die Justizministerkonferenz bereits im letzten Jahr einstimmig be­schlossen hat“, mahnte Kiefer.

Auch das Bundeskriminalamt (BKA) teile die Auffassung, dass bei Abrechnungsbetrug und Korruption im Ge­sundheitswesen von einem erheblichen Dunkelfeld ausgegangen werden muss. Deutschland hänge hier aber hinterher: Während es in europäischen Nachbarländern bereits umfangreiche kriminologische Dunkelfeld­forschung zum Gesundheitswesen gebe, suche man belastbare Studien hierzulande vergeblich.

Analysiere man die Zahlen des Berichts differenziert, so zeige sich, dass grundsätzlich alle Leistungsbereiche der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung durch Unregelmäßigkeiten wie die Abrechnung nicht er­brachter Leistungen, die Abrechnung nicht mit vertragsgemäßer Qualifikation erbrachter Leistungen, unzu­lässige Zusammenarbeit oder Urkundenfälschung betroffen sind.

Die mit Abstand höchsten Forderungen konnten demnach im Leis­tungsbereich der Häuslichen Krankenpflege gesichert werden, ins­gesamt 14,96 Millionen Euro. Allerdings seien in diesem Leistungsbe­reich aber auch erstmals die mit Abstand höchsten Schäden in Höhe von 29,60 Millionen Euro entstanden.

„Die Häusliche Krankenpflege entwickelte sich damit zu einem Brenn­punkt der Fehlverhaltensbekämpfung im Gesundheitswesen“, schreibt der GKV-Spitzenverband.

Der zweithöchste Schaden war dem Bericht zufolge mit 26,9 Millio­nen Euro im Bereich Arznei- und Verbandmittel entstanden, gefolgt von den Krankenhausbehandlungen mit 14,8 Millionen Euro. Ärzt­liche Leistungen folgten mit 9,8 Millionen Euro auf dem fünften Platz – hinter den 12 Millionen Euro Schaden im Bereich Fahrkosten.

Der GKV-Spitzenverband fordert wie in den Vorjahren weiterhin einen besseren Schutz für Whistleblower. Mehr als 80 Prozent aller Hinweise, die im Berichtszeitraum eingingen, seien von externen Hinweisgebenden gekommen.

„Externe Hinweisgebende sind für die wirksame Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheits­wesen folg­lich unverzichtbar“, heißt es dazu im Bericht. Allerdings würden empirische kriminologische Forschungsergeb­nisse belegen, dass sie nach einer Meldung oder Offenlegung von Missständen häufig erhebliche Nachteile zu erleiden hatten, die sogar existenzbedrohend sein können.

„Wer sich in der Bundesrepublik dazu entschließt, einen substantiierten Hinweis an eine externe Stelle zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheits­wesen zu melden, musste bislang nicht nur mit beruflichen Repressalien rechnen, sondern hat damit häufig auch selbst gegen arbeits-, dienst oder strafrechtliche Bestimmungen verstoßen“, klagen die Verfasser. Das müsse sich ändern.

Außerdem brauche es klarstellende Regelungen der gesetz­lichen Übermittlungsbefugnis personenbezogener Daten an Behörden, speziell Gesundheitsbehörden, und Sozialver­sicherungsträger. Nur so könne der notwen­dige Informationsfluss sichergestellt werden.

Einen modernen Weg zur Verringerung von Betrug im Gesundheitswesen sieht der GKV-Spitzenverband hin­gegen in der Anwendung Künstlicher Intelligenz (KI). Das sei eines der Schwerpunktthemen im Berichtszeit­raum gewesen.

So habe der Digitalausschuss im Bundesamt für soziale Sicherung (BAS) dahingehend mit mehreren kassen­artenüber­greifenden Pilotprojekten von Mitgliedskassen des GKV-Spitzenverbandes befasst. Deren Ziel war unter anderem die Entwicklung von statistischen Modellen und Machine-Learning-Algorithmen, die Unregel­mäßigkeiten in den Abrechnungsdaten erkennen und verfolgen können.

Noch finden Ermittlungen meist im Einzelfall und nach Anzeigen Dritter statt. Das könne sich ändern: „Nach der Bewertung des BAS führt der Einsatz von KI-gestützten statistischen Modellen zu einer neuen Qualität und Quantität der Fehlverhaltens­bekämpfung“, heißt es im Bericht.

Die automatisch erkannten Auffälligkeiten könnten in einer Vielzahl von neuen Hinweisen resultieren, die an die Stelle zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheits­wesen gehen. © lau/aerzteblatt.de

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