Medizin
PCR-Tests können Erkältungswellen durch 15 Viren live im Klärwerk verfolgen
Freitag, 24. März 2023
Palo Alto/Kalifornien – US-Forscher haben PCR-Tests entwickelt, die die RNA von 15 verschiedenen Viren von Atemwegserkrankungen nachweisen. In einer ersten Studie in Lancet Microbe (2023; DOI: 10.1016/S2666-5247(22)00386-X) wurde eine hohe Übereinstimmung mit den Ergebnissen der örtlichen Surveillancelabore gefunden. Regelmäßige Untersuchungen der Abwässer könnten nach einer Vision der Autoren in Zukunft vergleichbar einem Pollenbericht anzeigen, mit welchen Erkrankungen Ärzte aktuell rechnen müssen.
Die Pandemie hat gezeigt, dass Abwasseruntersuchungen für eine Surveillance genutzt werden können. Die US-Centers for Disease Control and Prevention (CDC) nutzen die Möglichkeit bereits, um die Ausbreitung neuer Varianten von SARS-CoV-2 zu beobachten. In Europa ist mit ESI-CorA eine ähnliche systematische Überwachung geplant. Weil die Ergebnisse eines PCR-Tests innerhalb von 24 Stunden vorliegen, kann der Verlauf einer Epidemie gewissermaßen live verfolgt werden.
Forscher der Stanford Universität in Palo Alto wollen die Tests jetzt auch für andere Viruserkrankungen nutzen. Zusammen mit der „Verily Life Sciences“ (früher „Google Life Sciences“) haben die Forscher 13 PCR-Tests für die häufigsten viralen Atemwegserreger entwickelt. Dies ist relativ einfach möglich, da die Erreger seit längerem genetisch entschlüsselt sind und die Gensequenzen publiziert wurden. Für einen PCR-Test wählte das Team um Alexandria Boehm sogenannte konservierte Sequenzen aus. Es handelt sich um Abschnitte des Erbguts, die für die Viren unveränderlich sind, da jede Mutation zur Bildung defekter Viren führen würde.
Zusammen mit 2 bereits bekannten Tests umfasst der PCR-Assay die Influenza-A- und Influenza-B-Viren, die respiratorischen Synzytialviren RSV A und RSV B, 5 verschiedene Parainfluenza-Viren, 4 saisonale Coronaviren, das humane Rhinovirus und das Metapneumovirus.
Die Forscher haben in einer Pilotstudie 216 Proben getestet, die über 17 Monate dreimal pro Woche in einem Klärwerk im Santa Clara County entnommen wurden. Die Ergebnisse wurden mit den Meldungen aus den mikrobiologischen Labors des gleichen Bezirks verglichen, in denen von Ärzten und Kliniken eingeschickte Proben untersucht werden.
Wie Boehm und Mitarbeiter berichten, wurden die höchsten Viruskonzentrationen beim humane Rhinovirus und den saisonalen humanen Coronaviren gefunden. Die Konzentration dieser und anderer Viren korrelierte der Studie zufolge mit den Positivitätsraten in den Labors, die die Behörden bisher zur Surveillance nutzen. Die einzige Ausnahme waren Influenza B und RSV A, die nur selten in den Abwässern nachgewiesen werden konnten.
Die Forscher konnten während der 17 Monate verschiedene Erkältungs- und Grippewellen live verfolgen. Es kam beispielsweise zu einer Erkältungswelle durch das Coronavirus OC43 und zu einer Häufung von Parainfluenzaerkrankungen, die durch das Parainfluenzavirus 3 ausgelöst wurden.
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Eine interessante Beobachtung war, dass mit dem Anstieg von Omikron BA.1 die Konzentration anderer Virus-RNA merklich zurückging, was die Forscher auf die Veränderungen im menschlichen Verhalten während der Pandemie zurückführten.
Boehm schwebt eine kontinuierliche Überwachung der Abwässer vor. Die einzelnen Kommunen könnten dann die saisonalen Epidemien mit vertretbaren finanziellen Mitteln frühzeitig erkennen. Ärzte könnten vor einer Häufung von Atemwegserkrankungen gewarnt werden. Im Prinzip könnten die Ergebnisse täglich wie ein Wetterbericht mitgeteilt werden. Der Bevölkerung würde so die Möglichkeit gegeben, sich vor Infektionen zu schützen. © rme/aerzteblatt.de

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