Politik
Multiresistente Tuberkulose: Diagnose und Therapie verbessern
Dienstag, 28. März 2023
Berlin – Die Diagnostik und die Therapie der multiresistenten Tuberkulose (MDR-TB) muss flächendeckender gefördert und zudem kostengünstiger werden. Dafür haben sich gestern Sachverständige im Unterausschuss Globale Gesundheit des Gesundheitsausschusses des Bundestags ausgesprochen.
Es sei Aufgabe der Politik, die Vergabe von Forschungsgeldern an effektive Bedingungen zu knüpfen, sagte Meike Schwarz von Ärzte ohne Grenzen. Dazu gehöre die Transparenz von Forschungs- und Herstellungskosten sowie zur Preisgestaltung in unterschiedlichen Ländern. „Transparenz und Preise hängen eng miteinander zusammen,“ sagte sie.
Wenn die Politik bei der Vergabe von Forschungsgeldern mehr Transparenz einfordere, werde es wahrscheinlich einen Umschwung in der öffentlichen Debatte und bei privatwirtschaftlichen Pharmafirmen geben. „Wir glauben, wenn man bestmögliche Transparenz herstellt, sind diejenigen, die über Preise verhandeln in der Lage auf Augenhöhe mit den Herstellern zu verhandeln,“ so Schwarz.
Zusätzlich brauche es faire Lizenzvereinbarungen. Denn Sekundärpatente auf Medikamente führten zu einem fehlenden Generikawettbewerb. „Die Medikamente sind für Menschen in ärmeren Ländern kaum erschwinglich“, sagte Schwarz über die Tuberkulostatika Bedaquilin und Pretonamid.
Studien zufolge ließen sich die Kosten für ein Therapieregime der MDR-TB von rund 570 US-Dollar (USD) auf 500 USD senken. Ähnlich sei es mit dem Diagnose-Tool GeneXPert, dass der Hersteller Cephaid für zehn USD beziehungswiese 15 USD verkaufe. Laut Ärzte ohne Grenzen ist der Preis von fünf USD bei Herstellungskosten von etwa drei USD angemessen.
Behandlungszeitraum weiter verkürzen
Mel Spigelman von der TB Alliance plädierte für eine engere Zusammenarbeit zwischen Ärztegemeinschaft und Wissenschaft um neue Behandlungsmöglichkeiten zu entwickeln: „Wir sollten die Behandlungszeiten für alle Patienten noch weiter auf zwei bis vier Monate zu reduzieren“, sagte er. Dafür brauche es aber Finanzierungsmöglichkeiten.
Seit Dezember 2022 empfiehlt die WHO für die Therapie der MDR-TB anstelle von einem Zeitraum von 18 Monaten eine nur sechsmonatige Behandlung. Eine Kostensenkung bringt das verkürzte Therapieregime allerdings nicht mit sich, wie Torsten Bauer vom Deutschen Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose (DZK) erläuterte.
Zudem sind die Kosten in Deutschland wesentlich teurer als die von Schwarz berichteten 570 USD. Laut einer Apothekenabfrage lägen die Kosten für eine 18-monatige MDR-TB bei 40.000 Euro, die sechsmonatige Kombination sogar bei 55.000 Euro, so Bauer.
Zudem sei die Finanzierung der TB-Behandlung in Deutschland nicht kostendeckend. So erhielten die Krankenhäuser beispielsweise die Medikamentenkosten nicht extra ersetzt. So seien die ersten 14 Krankenhaustage über eine Fallpauschale geregelt und anschließend würde jede Klinik mit jeder Kasse Tagesgleiche Entgelte verhandeln. Es gebe weder Zusatzentgelte noch einen ausreichenden NUB-Status für die Medikamente. Folge sei, dass Patienten zu früh und gegebenenfalls noch infektiös in den ambulanten Raum entlassen würden.
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„Eine kostendeckende Finanzierung könnte über Lungenzentren nach G-BA gelöst werden, wo die Lungentuberkulose in der Definition eine Rolle spielt“, sagte Bauer. Allerdings komme man dann wieder auf die Länderebene und man laufe Gefahr 16 verschiedene Lösungen zu haben.
Follow Up über Register verbessern
Zusätzlich müssten in Behandlung befindliche Patienten besser überwacht werden. Denn bei 25 bis 33 Prozent der Personen gebe es ein „Lost of Follow Up“, was als Therapieversagen gedeutet werden müsse. „Wir schlagen vor, dass solche teuren Therapien nur im Rahmen von Registern durchgeführt werden können“, sagte Bauer.
Michael Hoelscher vom Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) plädierte für mehr Forschungsmittel, um in Deutschland Phase-3-Studien finanzieren zu können. Aktuell untersuche das Forschungskonsortium „Academia and Industry United Innovation and Treatment for Tuberculosis“ (UNITE4TB) verschiedene Therapieregime in einer Phase-2b-Studie.
Ab 2026/27 könne man in Phase 3 übergehen, dafür gebe es in Deutschland aktuell aber keine Finanzierung. Mithilfe von Kombinationstherapien könnte Resistenzen gegen neue Medikamente entgegengewirkt werden.
Für eine stärkere Vernetzung von TB-und HIV-Projekten sprach sich Timo Ulrichs von der Akkon Hochschule aus. Gesundheitssysteme mit einer hohen TB-Rate müssten dafür zunächst gestärkt werden. Ansonsten könnten einzelne TB-Projekte von den Ländern mit hoher Belastung nicht aufgefangen werden. „Daher müssen wir den Global Fund und die Weltgesundheitsorganisation unterstützen“, sagte er. © mim/aerzteblatt.de

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