Politik
Gesundheitsminister schnüren Forderungspaket an den Bund
Dienstag, 28. März 2023
Stuttgart – Die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) der Länder hat den Bund dazu aufgerufen, die Erforschung des Post-Vac-Syndroms zu intensivieren und zu fördern. Das beschlossen die Länderminister gestern bei einer Videoschalte.
Die Forschung zur Symptomatik, Diagnostik und Behandlung von gesundheitlichen Folgen, die über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehen, sei „von hoher Relevanz für die zeitnahe Unterstützung Betroffener und für die Stärkung des Impfgedankens“, heißt es in dem Beschluss.
Darüber hinaus wird das das Paul-Ehrlich-Institut gebeten, auf der Grundlage der dort bereits vorliegenden Daten und wissenschaftlichen Erkenntnissen den aktuellen Sachstand zusammenzufassen.
Zwar habe die Coronaimpfung viele Leben gerettet und sei wichtig und richtig gewesen, sagte der Vorsitzende der Konferenz, der baden-württembergische Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne). Der Bund müsse diese Forschung aber so schnell wie möglich anstoßen, denn nur eine bundeseinheitliche Strategie sei zielführend.
Medizinische Versorgungszentren im Blick
Die Ressortchefs pochen zudem auf eine gesetzliche Regulierung Medizinischer Versorgungszentren (MVZ). „Risiken für die Versorgung sehen wir vor allem bei Medizinischen Versorgungszentren, die von Investoren betrieben werden“, erklärte Lucha.
Es brauche zwar diese Versorgungszentren, weil es dort Anstellungsmöglichkeiten für junge Ärztinnen und Ärzte gebe, die sich nicht mehr alle selbstständig machen wollten. „Aber wenn dort das Kapital das Regiment übernimmt und die unabhängige medizinische Behandlung infrage gestellt ist oder Rosinenpickerei betrieben wird, dann wird es problematisch.“
Die Gesundheitsminister halten eine Regulierung der MVZ für erforderlich und haben Bayern beauftragt, im Bundesrat eine entsprechende gemeinsame Initiative in Gestalt eines Entschließungsantrags zu starten. Grundlage dafür sollen Eckpunkte sein, die eine Arbeitsgruppe der Länder ausgearbeitet hat.
„Die Bundesländer waren sich mehrheitlich einig, dass wir die zunehmende Verbreitung vor allem von investorengetragenen MVZ stärker regulieren müssen“, sagte Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek. Ziel sei, zunehmende Konzentrationsprozesse einzudämmen sowie keine Abhängigkeiten von einzelnen Anbietern entstehen zu lassen und auf dem Land und in den Ballungsräumen gleichermaßen eine gute ärztliche Versorgung zu gewährleisten.
Gefahr der Investorenfinanzierung
Der Minister betonte, er sehe dringenden Handlungsbedarf, weil gerade Investoren ihre MVZ tendenziell in Ballungsgebiete verlagerten. Es bestehe die Gefahr, dass dabei der Fokus auf finanziell lukrative medizinische Angebote gelegt und nicht das gesamte Behandlungsspektrum abgebildet werde. „Das müssen wir verhindern.“
Gesundheitsexperten und auch die Bundesärztekammer beklagen schon länger, dass Arztpraxen zunehmend von profitorientierten Unternehmen übernommen werden und so immer mehr Sitze niedergelassener Ärzte in Versorgungszentren gebündelt werden. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte Ende des vergangenen Jahres angekündigt, den Kauf von Arztpraxen durch Finanzinvestoren künftig verhindern zu wollen.
In Sachen Arzneimittelversorgung wies die GMK gestern darauf hin, dass es nach wie vor Versorgungsengpässe und Lieferschwierigkeiten bei Medikamenten gibt, beispielsweise bei Arzneimitteln für Kinder und gegen Krebs. Die Länder riefen daher den Bund auf, nachhaltige Lösungen zu entwickeln.
Dazu schlagen sie vor, beispielsweise den „Pharmadialog des Bundes“ unter Einbeziehung der Länder wiederaufzunehmen. „Lösungsansätze für diese Probleme können wir gemeinsam mit allen Akteuren erarbeiten“, sagte der GMK-Vorsitzende Lucha.
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„Dafür ist ein bundesweites Gremium – ähnlich wie der 2014 eingeführte, dann aber nicht mehr fortgesetzte Pharmadialog – sicherlich geeignet. Definitiv müssen diesmal aber – anders als 2014 und 2018 – die Länder von Anfang an ausreichend berücksichtigt werden.“
Die GMK fasste gestern weitere Beschlüsse. Darin ging es etwa um die Notfallreform, bei der die Länder das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) bitten, die Richtlinie zur standardisierten Ersteinschätzung auszusetzen und im Rahmen der zeitnah angekündigten Notfallreform zu überprüfen.
Kritik am Gemeinsamen Bundesausschuss
Darüber hinaus monierten die Länderminister in einem Beschluss, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) „die Planungshoheit der Länder“ in seinen Gremien des G-BA „nicht oder nur unzureichend beachtet“.
Obwohl den Ländern ein Mitberatungs- und Antragsrecht gesetzlich eingeräumt sei, sähen sich die Ländervertretung beim G-BA in der Ausübung dieser Rechte erheblich beeinträchtigt, so dass eine Mitwirkung faktisch nicht oder nur erschwert möglich sei, hieß es. Wie genau die Rechte eingeschränkt sind, steht nicht in dem Beschluss. © dpa/may/aerzteblatt.de

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