Ärzteschaft
Kritik am Vertrag zu ambulanten Operationen
Dienstag, 28. März 2023
Münster – Der seit Beginn des Jahres geltenden Vertrag über ambulante Operationen (AOP-Vertrag) setzt falsche Anreize und sollte nachgebessert werden. Dafür hat sich heute die Ärztekammer Westfalen-Lippe ausgesprochen. Auch die Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) übte Kritik am AOP-Vertrag.
„Das Konzept birgt die Gefahr, dass Versorgungslücken entstehen, vor allem zulasten mehrfach erkrankter Patientinnen und Patienten, die besonders intensive Betreuung brauchen“, warnte der Ärztekammerpräsident Hans-Albert Gehle.
Laut Kammer ist es zu begrüßen, dass viele Leistungen, für die Patienten sich früher in stationäre Behandlung begeben mussten, mittlerweile auch ambulant erbracht werden können. Die niedergelassenen Ärzte, die ambulante Operationen durchführen, dürften mit der Weiter- und Nachbetreuung ihrer Patienten aber nicht allein gelassen werden, hieß es.
Insbesondere alleinstehende und betagte Menschen seien zunehmend auf häusliche Versorgung und Pflege angewiesen. „Die Nachbetreuung muss geregelt sein und außerhalb bestehender Budgets vergütet werden“, betonte Gehle.
Kritik kommt auch von der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM). Sie bemängelt, dass der Vertrag Kontextfaktoren und Wünsche der Patienten zu wenig berücksichtige.
In einer aktuellen Stellungnahme hat die DGIM in Zusammenarbeit mit den internistischen Schwerpunktgesellschaften umrissen, wie der AOP-Katalog weiterentwickelt werden sollten. Zudem fordert die DGIM die Selbstverwaltung auf, die medizinisch-wissenschaftliche Expertise der Fachgesellschaften bei weiteren Gestaltungen des AOP-Kataloges einzubeziehen.
Auch die DGIM fordert, bei der Entscheidung für eine ambulante oder stationäre Behandlung die häusliche Versorgungssituation der Betroffenen sowie die Meinung der Patienten zu berücksichtigen. Besonders wichtig sei es, dass bei ambulanten Eingriffen dieselben Qualitätsmaßnahmen etabliert würden wie bei stationären Eingriffen. Bei der Entscheidung für oder gegen einen ambulanten Eingriff müssten zudem Kontextfaktoren deutlich stärker Berücksichtigung finden.
„Im aktuellen Vertrag finden wichtige Fragen zu wenig Berücksichtigung, etwa danach, ob die Betroffenen pflegebedürftig und bewegungseingeschränkt sind, in ihrem Alltag Hilfe benötigen oder aufgrund ihrer Konstitution nach einer Betäubung ein erhöhtes Delirrisiko haben“, sagte Georg Ertl, Generalsekretär der DGIM.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und GKV-Spitzenverband hatten sich im Dezember 2022 darauf geeinigt, den AOP-Katalog wesentlich zu erweitern.
Die Neufassung zeigt einen deutlichen Schritt in Richtung Ambulantisierung: 208 weitere Operationen und Behandlungsmaßnahmen, die bislang vorwiegend stationär erfolgt sind, sollen nun ambulant durchgeführt werden. Darunter fallen beispielsweise viele endoskopische Eingriffe.
Außerdem wurde die Begründungspflicht für Krankenhäuser verschärft: Sie müssen künftig nach einer neuen Systematik dokumentieren, warum ein Patient stationär behandelt wird, obwohl der Eingriff prinzipiell ambulant möglich ist. © hil/aerzteblatt.de

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