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Politik

Lauterbach wirbt bei Ost-Ministerpräsi­denten um Krankenhausreform

Freitag, 31. März 2023

Nach der Sonderkonferenz der Ministerpräsidenten der ostdeutschen Bundesländer kommen Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU, links), Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und Manuela Schwesig (SPD), Ministerpräsidentin des Landes Mecklenburg-Vorpommern zu einem Pressegespräch. /picture alliance, Paul Zinken

Berlin – Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hält Ängste vor einem Kliniksterben als Folge der geplanten Krankenhausreform für unbegründet. Zum jetzigen Zeitpunkt könne niemand eine Aussage treffen, Kliniken würden durch die Reform verschwinden, sagte er nach einer Konferenz mit den ostdeutschen Länder­chefs heute in Berlin.

„Ich kann nur sagen, dass Kliniken verschwinden, wenn wir die Reform nicht machen“, so der Minister. Sie sei dafür gedacht, Klinikstandorte zu erhalten und zu stärken. „Es gibt keine Schließungspläne.“ Er versprach den zweifelnden Regierungschefinnen und -chefs, zügig Modellrechnungen vorzulegen, die für mehr Klarheit sor­gen sollen. Diese hatte Manuela Schwesig (SPD), Ministerpräsidentin in Mecklenburg-Vorpommern, gefordert.

Lauterbach zufolge wird die Reform vielmehr zu einer verlässlichen Finanzierung der Krankenhäuser führen. Künftig werde man mehr ambulante Behandlungen machen. Die Krankenhausplanung und Sicherstellung bleibe bei den Ländern.

All die Reformen, die bereits in den Ländern angestoßen wurden, würden „Hand in Hand mit der Bundesre­form“ greifen. Künftig seien allerdings die Qualitätskriterien bundeseinheitlich. „Das ist doch ein ganz zentra­les Anliegen der neuen Bundesländern, dass es überall die gleiche Qualität gibt. Darauf haben die Menschen dort ein Anrecht.“

Gerade im Osten könnten Länder und Kommunen mit der Reform außerdem die Möglichkeit bekommen, eine sonst nur schwer aufrechtzuerhaltende ambulante Versorgung zum Teil auch durch Krankenhäuser zu gewähr­leisten, stellte Lauterbach klar. Ziele der Reform seien eine Verbesserung der medizinischen Qualität und der Daseinsvorsorge der Kliniken.

Dafür soll das Vergütungssystem über Pauschalen für Behandlungsfälle geändert werden. Um nicht auf immer mehr Fälle angewiesen zu sein, sollen Kliniken mit einem größeren Anteil allein schon für das Vorhalten von Leistungsangeboten honoriert werden. Im Blick steht auch, das Kliniknetz in drei Versorgungsstufen einzuord­nen und entsprechend zu finanzieren – von der wohnortnahen Grundversorgung über eine zweite Stufe mit weiteren Angeboten bis zu Maximalversorgern wie Universitätskliniken.

Die künftige Gesundheitsversorgung war zentrales Thema bei der Ost-Ministerpräsidentenkonferenz unter Vorsitz des sächsischen Regierungschefs Michael Kretschmer (CDU). Der hatte im Vorfeld die Reform in der bislang gedachten Form kritisiert.

In Gesprächen mit der sächsichen Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) habe sich herausgestellt, dass etwa zehn Standorte in Sachsen von der Reform betroffen sein könnten. Daher sei das im jetzigen Stadium nicht zustimmungsfähig, bekräftigte er nach dem Treffen.

Eine Reform hält aber auch Kretschmer für unabdingbar. „Wir sind uns einig, dass es eine Reform braucht“, sagte er gleich zu Beginn seines Statements. Dies könne aber nur im Einklang mit den Ländern geschehen, die für die Krankenhausplanung zuständig seien.

Er habe die Reformvorschläge so vorgestellt, wie sie derzeit in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe diskutiert würden, sagte Lauterbach. Es gebe noch keinen gemeinsamen Vorschlag, deshalb gebe es auch nichts zu korrigieren. Man werde Berechnungen für die einzelnen Bundesländer vornehmen. Zum jetzigen Zeitpunkt seien die Auswirkungen auf die Ebene der Bundesländer noch nicht gut abschätzbar. Er stimme Kretschmer zu, dass man sich am Ende zusammenfinden werde.

Ministerpräsidentin Schwesig attestierte den Krankenhäusern großartige Leistungen. „Obwohl diese gute Arbeit in unserem Krankenhäusern gemacht wird, ist unser Krankenhaussystem krank. Es ist krank, weil viel zu viel die Ökonomie, die Gewinnmaximierung eine Rolle spielt, anstatt der Patient und das Personal“, sagte sie.

Das Personal leide darunter, dass es ökonomischen Druck gebe und weniger der Patient im Mittelpunkt stehe. Man müsse weg von den Fallpauschalen, die für eine Ökonomisierung gesorgt hätten. Sie äußerte „viel Res­pekt" dafür, dass Lauterbach den Mut habe, diese Reform nun anzugehen. Gerade im Osten sei die Reform komplex.

Schwesig und Kretschmer sprachen auch die medizinische Versorgung im ländlichen Raum an. Eine zuneh­men­de Spezialisierung der Krankenhäuser dürfe nicht dazu führen, dass Patienten am Ende 50 oder 60 Kilo­meter bis zu einem Spezialisten fahren müssen. Man müsse die „Kipppunkte" eruieren, bei denen es zu weit für die Bevölkerung werde, so Kretschmer.

In den schriftlichen Beschlüssen haben die Länder festgehalten, dass sie weiterhin eng in die künftige Krankenhausreform einbezogen werden. „Krankenhausplanung muss Ländersache bleiben und etwaige Länderöffnungsklauseln so ausgestaltet werden, dass die Planungsbehörden in den Ländern entsprechend des Bedarfs und der vorhandenen Strukturen vor Ort gemeinsam mit den verantwortlichen Akteuren der Selbstverwaltung die besten Lösungen für die Sicherstellung der flächendeckenden medizinischen Versor­gung entwickeln und umsetzen können“, heißt es in dem Beschluss.

Ebenso fordern die sechs Länder, dass zusätzliche Mittel „in einem vom Bund finanzierten Strukturfonds zur Begleitung des Transformationsprozesses“ bereitgestellt werden. Dabei gehe es um die integrierte Bedarfs­erhebung, die Bedeutung der Universitätsklinika sowie die Stärkung der Notfallversorgung sowie die „Mög­lichkeiten von Telemedizin und E-Health“.

Dabei fordern sie auch vom Bund, bessere regulatorische Rahmenbedingungen zu schaffen, dass erfolgreiche Modellprojekte aus der Versorgung in die Regelversorgung überführt werden können. Dafür müsse es ebenso Förderungsmodelle geben. Dazu gehörten auch Mobilitätsangebote sowie digitale Angebote.

Um mehr Medizinstudierende in den sechs Bundesländern zu halten, soll die „Bleibequote“ erhöht werden. „Es bedarf geeigneter Aktivitäten, den ärztlichen Nachwuchs in den Bedarfsregionen auszubilden und insbeson­de­re an den ländlichen Raum zu binden“, heißt es in dem Papier. Innovative Studiengänge sollten gefördert werden, um Interessierte halten zu können.

Um dem Fachkräftemangel gerade unter Gesundheitsfachberufen zu begegnen, fordern die ostdeutschen Bundesländer, dass die Anerkennungsverfahren für Menschen aus Drittstaaten deutlich verkürzt werden. Dabei soll die Bundesregierung „Möglichkeiten des voraussetzungslosen Verzichts auf die Gleichwertigkeits­feststellung für die akademische Heil- und Gesundheitsfachberufe gesetzlich zu verankern“. Auch sollen die Abläufe zur Anerkennung in den Bundesländern beschleunigt und vereinheitlicht werden.

Ebenso formulierten die sechs Länder Forderungen zur künftigen Datenlage der Gesundheitsversorgung. So sollen die rund 350 medizinische Register stärker harmonisiert und vernetzt werden. Sie betonen, dass besonders das ostdeutsche Krebsregister gut ausgebaut und gepflegt sei.

Die Regierungschefinnen und -chefs unterstützen die von der Bundesregierung vorgestellte Digitalisierungs­strategie und setzen sich ebenso für den Zugang zu Forschungsdaten ein. Gleichzeitig müsse aber der Daten­schutz und die Interessen der Patienten gewahrt werden. Auch fordern sie, dass, sofern eine zentrale Daten­zugangs- und Koordinierungsstelle erforderlich werde, dieses Forschungsdatenzentrum Gesundheit einen Standort in den ostdeutschen Ländern findet. © bee/dpa/aerzteblatt.de

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