Politik
Registergesetz nimmt Gestalt an, erste Eckpunkte vorgestellt
Dienstag, 9. Mai 2023
Berlin – Medizinische Register gewinnen zunehmend an Aufmerksamkeit. Bereits dem Koalitionsvertrag der Ampelregierung zufolge sollen sie als Datengrundlage für klinische Studien und Versorgungsanalysen in dieser Legislaturperiode besonders gefördert werden.
Nun wird es gesetzgeberisch konkret: „Im Herbst wollen wir einen Gesetzentwurf zur Stärkung medizinischer Register vorlegen“, erklärte Markus Algermissen, Ministerialdirigent im Bundesgesundheitsministerium (BMG).
Zur Eröffnung der Registertage 2023 der Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung (TMF), die gerade in Berlin-Mitte stattfinden, stellte er einige konzeptionelle Überlegungen und erste Eckpunkte für den geplanten Gesetzentwurf vor.
Das Registergesetz soll Algermissen zufolge die Grundlage für eine nachhaltige Registerlandschaft in Deutschland legen. „Medizinische Register spielen in der Digitalisierungsstrategie eine große Rolle, insbesondere die Vernetzung der medizinischen Register mit anderen Daten“, sagte er.
Derzeit führe sein Haus noch intensive Gespräche mit mehreren Stakeholdern und arbeite an der Weiterentwicklung des Konzepts. Gesetzt sein soll aber die Einrichtung einer Zentralstelle für medizinische Register, kündigte Algermissen an.
Sie soll Transparenz über die medizinische Registerlandschaft schaffen und eine Lotsen- und Servicefunktion übernehmen, sagte er. Sie solle Wissen bündeln und zur Verfügung stellen sowie Instrumente zur Erleichterung des Registeraufbaus und der -weiterentwicklung im Dialog mit Registerbetreibenden entwickeln.
Auch ein Registerverzeichnis soll eingeführt werden, das eine Übersicht über den Datenbestand sowie die Datenqualität und -verfügbarkeit gibt. Gegebenenfalls könne auch eine Anbindung an den Metadatenkatalog des Europäischen Gesundheitsdatenraums (EHDS) realisiert werden, so Algermissen. Die Aufnahme in das Verzeichnis sowie die Auditierung von Registern soll nach den Vorstellungen des BMG künftig freiwillig sein.
Ferner sollen mit dem Gesetz bundesweite Rechtsgrundlagen für die Datenverarbeitung geschaffen sowie die Grundlagen zur Erleichterung eines direkten Datenlinkage gelegt werden. Dabei soll es sich um eine Regelung handeln, die es den Registern erlauben soll, die Krankenversichertennummern (KVNR) zu erheben und in ihrer Vertrauensstelle zu speichern.
Diese könne quasi als Einstieg in die sukzessive Einführung einer Forschungskennziffer dienen, um derzeitige Datensilos verknüpfbar zu machen, erläuterte Jana Holland, Ministerialrätin im BMG, auf den Registertagen. „Wir müssen endlich die Datensilos aufbrechen und Interoperabilität schaffen“, sagte sie. Die Verwendung von Krankenversichertennummern, die zu einer Pseudonymvergabe in einer Vertrauensstelle führen könne, sei eine gute Möglichkeit für den Start.
Einen Überblick über die bestehende Registerlandschaft hat sich das Ministerium bereits verschafft. Dazu hatte es das „Gutachten zur Weiterentwicklung medizinischer Register zur Verbesserung der Dateneinspeisung und -anschlussfähigkeit“ in Auftrag gegeben.
Unter der Projektleitung des BQS - Institut für Qualität und Patientensicherheit wurde es durch die TMF sowie unter Mitwirkung von Expertinnen und Experten der Universitätsmedizin Greifswald und des Universitätsklinikums Aachen Ende 2021 erstellt.
Schon damals zeigte sich: An Registern mangelt es in Deutschland nicht: Mehr als 350 medizinische Register wurden damals gezählt, mittlerweile sind es etwa 400. Die Kooperation, Harmonisierung und Weiterentwicklung der vielen Register sei dringend notwendig, sagte TMF-Geschäftsführer Sebastian C. Semler dem Deutschen Ärzteblatt am Rande der Registertage 2023.
Mit Spannung erwarte man deshalb die Vorlage des Registergesetzes im Herbst. Zentral sei die Vernetzung der Register untereinander. „Wir gehen davon aus, dass das Registergesetz bedeutende Impulse für die Registerforschung setzen wird“, meinte Semler.
Um die für eine verstärkte Nutzung von Registerdaten im Bewertungsprozess neuer Therapien erforderliche Qualität in der Registerlandschaft auszubauen, werden neben verlässlichen Orientierungspunkten auch neue Finanzierungsmodelle benötigt.
Auf den Registertagen in Berlin waren sich die Fachleute einig: Register müssen wissen, wo sie in ihrer Entwicklung stehen und welche Qualitätsmaßnahmen notwendig sind, um ihre Nutzbarkeit beispielsweise für die Bewertung von Arzneimitteln zu erhöhen.
Trotz der Vielfalt der Registerlandschaft müssen Qualität und Entwicklungsgrad eines Registers nachvollziehbar und transparent darstellbar sein. Das Reifegradmodell aus dem BMG-Registergutachten weiterzuentwickeln, ist nach Ansicht der meisten Teilnehmenden ein wichtiger Schritt.
Um die Registerlandschaft weiterzuentwickeln und den Austausch zwischen Registern, Datennutzenden und Politik zu befördern, hat die TMF aber auch in den vergangenen Wochen eine „Arbeitsgruppe Register“ gegründet.
„Wir hoffen, damit einen Beitrag zur weiteren Digitalisierung in der Medizin und zur Anbindung der Register an nationale Infrastrukturen zu leisten“, so Semler. „Als Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung versteht die TMF es als eine ihrer zentralen Aufgaben diesen politischen Prozess zu begleiten und zu moderieren“, sagte er.
Die Arbeitsgruppe wolle nicht nur fachkundige Begleitung für Registerbetreibende anbieten, sondern aktiv zur Weiterentwicklung der Registerlandschaft und Verbesserung der Qualität und Interoperabilität von Registern in Deutschland beitragen. Neben der Vernetzung der Registerexperten untereinander werden intensive Kooperationen mit Registerarbeitsgruppen anderer Netzwerke und Initiativen angestrebt, insbesondere mit dem Deutschen Netzwerk Versorgungsforschung (DNVF).
Konkret beschäftigt sich die Registerarbeitsgruppe der TMF damit, wie patientenbezogene Register so weiterentwickelt werden können, dass sie noch nutzbringender für die medizinische Forschung und die Versorgungsforschung eingesetzt werden können. Wichtige Themenfelder sind dabei die Formulierung von Standards für Register, die Harmonisierung und Verknüpfung von Datenbeständen, das Qualitätsmanagement im Register sowie betriebswirtschaftliche Aspekte des Registerbetriebs. © ER/aerzteblatt.de

Nachrichten zum Thema



Kommentare
Die Kommentarfunktion steht zur Zeit nicht zur Verfügung.