Ärzteschaft
Klimaschutz: Finanzierungsfonds und ärztliche Expertise auf lokaler Ebene benötigt
Freitag, 19. Mai 2023
Essen – Für die Herausforderungen beim Klimaschutz im Gesundheitswesen fordern die Delegierten des 127. Deutschen Ärztetages in mehreren Anträgen finanzielle Unterstützung für Kliniken und Praxen sowie Strategien gegen Hitze, Müll sowie für die Beratung von Patientinnen und Patienten.
So wird zur Finanzierung der energetischen Umbaumaßnahmen in Praxen wie in Kliniken ein sektorübergreifender „Bundesfonds Klimagerechtes Gesundheitswesen“ gefordert. Auch die Länder sollen entsprechende Förderprogramme auflegen. In den anstehenden Reformgesetze der Krankenhausreform sowie den geplanten Versorgungsgesetzen müsse dies mitbeachtet werden.
Bei Kliniken müsse es einen Investitionsfonds geben, um die nötigen Baumaßnahmen zu finanzieren. Klimaschutzmanagement soll ähnlich wie Qualitätsmanagement etabliert werden, damit Emissionen und Energieverbrauch gesenkt werden. Die Delegierten des Ärztetages fordern die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) auf, die Krankenhäuser schnellstmöglich so aufzustellen, dass bei Hitzewellen die Innenräume eine möglichst niedrige Raumtemperatur haben.
Auch für die Praxisräume müssen Hitzeschutzmaßnahmen gestartet werden: Die Delegierten des 127. Deutschen Ärztetages fordern die „Inhaber von Praxen der niedergelassenen Ärzteschaft auf, schnellst möglichst zu prüfen, wie sichergestellt werden kann, dass es auch bei länger anhaltenden Hitzewellen das Innenraumklima in allen Bereichen ein den medizinischen Erfordernissen entsprechendes Niveau nicht überschreitet.“ Die erforderlichen baulichen Projekte sowie klimafreundliche Kühlungssysteme müssten von Fördermitteln von Bund und Land bereitgestellt werden.
Klimafreundliche Versorgung im GKV-System soll ermöglicht werden. „Die Regelungen des Sozialgesetzbuches V sollen so angepasst werden, dass Untersuchungs-, Behandlungs- und Verordnungsmaßnahmen, die dem Klimaschutz hinreichend Rechnung tragen, nicht durch das Wirtschaftlichkeitsgebot behindert werden.“
Patienten sowie auch Ärzte sollten grundsätzlich zwischen den Alternativen wählen können, beispielsweise bei der Darreichung von Medikamenten. Auch bei der künftigen Erstellung von Leit- und Richtlinien müssen die Klimafolgen immer mitgedacht werden, wird in einem weiteren Antrag gefordert. Es sollen spezielle Klimafolgenabschätzungen getroffen werden.
In den Hitzeschutz muss den Delegierten zufolge ebenso zügig investiert werden. „Hitzeschutz darf nicht bei Absichtserklärungen stehen bleiben“, heißt es in dem Antrag. „stattdessen sind auf allen Ebenen vom Bund bis hin zu den Kommunen sinnvoll aufeinander abgestimmte und, wo immer möglich, gesetzlich vorgeschriebene Hitzeschutzpläne erforderlich“, heißt es.
Es müssen dazu regionale und lokale Hitzeschutzbündnisse gebildet werden, die den Sachverstand der Ärzte einbeziehen. In einem weiteren Antrag wird gefordert, dass besonders die Ärztinnen und Ärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) in die lokalen Pläne und Entscheidungen einbezogen werden sollen. Am 14. Juni ist ein erster bundesweiter Hitzeaktionstag geplant.
Um den Müll im Gesundheitswesen zu reduzieren, fordern die Delegierten die Verantwortlichen im Gesundheitswesen auf, in „Anstrengungen zur Müllreduktion zu investieren“. Besonders bei der Herstellung von Medikamenten müsse hier mehr getan werden, speziell bei der Verblisterung. Hier wird der Gesetzgeber aufgefordert, entsprechende Gesetze auf den Weg zu bringen. Auch die Pharmaindustrie müsse mehr Anstrengungen unternehmen, „umweltschonendere Verpackungen für Pharmazeutika ohne Verblisterungen zu entwickeln.“
Zum Klimaschutz gehört für den Ärztetag auch die entsprechende Ernährung: So sprachen sich mehrere Delegierte dafür aus, dass die Ernährung in Krankenhäuser für Patienten wie Mitarbeitende deutlich verbessert werden müssten. Die Delegierten fordern in einem Antrag die Klinikträger sowie die DKG auf, „fleischarme und pflanzenbasierte Ernährung für Patientinnen und Patienten sowie Mitarbeitende einzuführen.“ Die erhöhten Kosten hierfür seien deutlich geringer als die Kosten, die dem Gesundheitswesen durch falsche Ernährung entstünden.
Auch die Beratung von Patienten zur „klimasensiblen Gesundheitsberatung“ forderten die Delegierten: So soll die Beratung in Bezug auf Ernährung, gesunder Umwelt, Hitzeschutz sowie nachhaltiger und gesundheitsfördernder Mobilität ausgebaut werden.
Besonders bei Schwangeren, Kindern, geriatrischen Patienten sowie chronisch Kranken müsse dies dazu gehören. Dafür müssten Ärztinnen und Ärzte sowie Medizinische Fachgesellschaften und Pflegepersonal entsprechend aus-, fort- und weitergebildet werden.
Nach längerer Diskussion haben die Delegierten auch einen Antrag befürwortet, in dem den ärztlichen Versorgungswerken empfohlen wird, „jährlich eine Klimawirkungsanalyse der investierten Analgen durchzuführen, um die Kompatibilität ihrer Portfolios mit dem Pariser Klimaschutzabkommen zu überprüfen“.
Bei den künftigen Finanzanlagen solle geprüft werden, ob diese Anlagen Nachhaltigkeit beinhalten. Dafür solle kein „Schwarz-Weiß“ eingesetzt werden, sondern einen quantitativen Ansatz, der im Finanzsektor für Anlangen mit entsprechenden Klimawirkungsanalysen bereits etabliert sind. Einen Antrag, in dem einzelne Industriesektoren erwähnt wurden, in die die Versorgungswerke nicht mehr investieren sollen, wurde in den Vorstand überweisen. © bee/aerzteblatt.de

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