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Teleoph­thalmologischer Ansatz erweist sich in Pilotstudie im Seniorenheim als effizient

Donnerstag, 25. Mai 2023

/oz, stock.adobe.com

Bonn – Mit Telemedizin will die Stiftung Auge die ophthalmologische Unterversorgung in Seniorenheimen verbessern. In einer Proof-of-Concept-Studie im Raum Bonn konnte gezeigt werden, dass dieser Ansatz prakti­kabel, effizient und einfach durchführbar ist. Über die noch nicht publizierten Daten berichtete gestern Frank G. Holz, Vorsitzender der Stiftung Auge und Direktor der Universitäts-Augenklinik Bonn bei einer Pressekon­ferenz.

Die telemedizinische ophthalmologische Versorgung in Seniorenheimen (TOVIS) diene dazu, ein neues Ver­sorgungsmodell zu entwickeln, erklärte Holz. Diese wurde in einer teleophthalmologischen Shared-Eye-Care-Pilotstudie mit knapp 140 Senioren in drei Einrichtungen getestet.

Holz erklärte das Konzept des Shared-Eye-Care wie folgt: Nicht ärztliche medizinische Fachangestellte und Optometristen untersuchen die Senioren vor Ort, die Augenärztinnen und Augenärzte der Uniklinik Bonn stellen dann telemedizinisch aus der Ferne einen Befund.

„Natürlich kann die Befundung nicht so umfänglich sein wie in einer Augenarztpraxis, aber die wesentlichen Befunde sind möglich“, sagte der Ophthalmologe aus Bonn. Dazu zähle eine Sehschärfenbestimmung und eine Augeninnendruckmessung.

Mit einer Kamera könnten medizinische Fachangestellte und Optometristen zudem automatisiert den Augenvorderabschnitt sowie die Netzhaut aufnehmen. Hier seien Veränderungen zu sehen, die durch einen Diabetes oder die altersbedingte Makuladegeneration verursacht werden.

Die Stiftung Auge geht davon aus, dass insbesondere Bewohner von Senioreneinrichtungen mit eingeschränkter Mobilität von einem Shared-Eye-Care-Versorgungsansatz profitieren könnten, der eine patientennahe Routineuntersuchung und telemedizinischen Zugang zu fachärztlicher Expertise ermöglicht.

Mit diesen im Wesentlichen drei Geräten könne das Auge zuverlässig und umfänglich untersucht werden, fasste Holz zusammen. Die Untersuchung sei praktikabel und relativ einfach durchführbar.

Der Vorsitzende der Stiftung Auge räumte auf Nachfrage aber auch ein: „Bei circa neun Prozent war die Qualität der Netzhautscans unzureichend für eine genaue Beurteilung.“

Hingegen konnte insbesondere bei den Visus­prüfungen eine normale Befundung auf Basis der nicht ärztlichen Messungen durchgeführt werden.

Berufsverband äußert Bedenken

Weniger überzeugt vom telemedizinsichen Ansatz äußerte sich Peter Heinz, Vorstand des Berufsverbands der Augenärzte Deutschlands (BVA) und Vorstandsmitglied der Stiftung Auge: „Es geht um den Gesamtkontext, hier spielen viele Facetten mit rein“, sagte der Facharzt für Augenheilkunde aus Schlüsselfeld.

Es könne durchaus sein, dass langfristig im Hinblick auf die Problematik der flächendeckenden Versorgung, gerade in ländlichen Regionen, auch telemedizinische Lösungen in Frage kommen könnten. „Diese müssen allerdings eindeutig definiert werden.“

In der Gebührenordnung für Ärzte seien Delegationsmöglichkeiten an Optiker jedoch nicht vorgesehen. „Zur Zeit sind wir daher der Auffassung, dass diese Verfahren in die Obhut von Augenärztinnen und Augenärzten gehören“, so Heinz.

Basierend auf der TOVIS-Studie wurde kürzlich ein Antrag beim Innovationsfond gestellt, um den Ansatz als neue Versorgungsform in einer großen Kohorte zu untersuchen, den positiven Versorgungseffekt zu analysie­ren und gesundheitsökonomisch zu betrachten.

Die Begutachtung dauert sicher noch einige Monate, schätzte Holz. Sie seien aber optimitisch, weil die Daten einen eindeutigen Vorteil für die Seniorenheimbewohnenden zeigen konnten. Letztlich müssten die Kranken­kassen entstehende Kosten tragen und die Leistungen verantworten.

TOVIS-Studie bestätigt Defizite in Seniorenheimen

In Deutschland ist augenärztliche Versorgung zwar auf höchstem Niveau flächendeckend verfügbar, doch oft nicht für Menschen in Pflege- und Seniorenheimen. Das zeigte 2017 die OVIS-Studie (Ophthalmologische Versorgung in Seniorenheimen) der Stiftung Auge, über die auch das Deutsche Ärzteblatt berichtet hat (Ophthalmologe; DOI: 10.1007/s00347-021-01470-w).

Augenärztliche Versorgung: Verbesserungsbedarf in Pflegeheimen

Sehbehinderungen rauben alten Menschen ihre Autonomie und verhindern die soziale Teilhabe. Umso fataler scheinen die Ergebnisse einer Studie der Stiftung Auge. Sie bescheinigt Senioren in Pflegeheimen ein augenärztliches Versorgungsdefizit. In deutschen Pflegeheimen hat rund die Hälfte der Bewohner Sehprobleme. Das zeigt die Studie OVIS (Ophthalmologische Versorgung in Seniorenheimen) der Stiftung

Das in der OVIS-Studie und der Studie zur ärztlichen Versorgung in Pflegeheimen (SÄVIP) aufgezeigte Diag­nostik- und Therapiedefizit konnte in der TOVIS-Pilotstudie erneut verifiziert werden.

„So wurde beispielsweise bei 53 (aus 139) der untersuchten Senioren eine altersabhängige Makuladegene­ra­tion (AMD) diagnostiziert, von denen ein Drittel dringend einer Therapie zugeführt werden müsste, um dauer­haften Sehverlust zu verhindern“, berichtete Holz.

Bei knapp 50 Prozent entdeckten die Ärzte einen Katarakt, teilweise unbedingt operationspflichtig. Gute 37 Prozent hatten laut Holz pathologische Veränderungen der Netzhaut. Die ausführlichen Ergebnisse der Pilotstudie wurden bereits zur Publikation eingereicht. © gie/aerzteblatt.de

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