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Politik

SPD-Gesundheits­politiker Mende: Investoren-MVZ sollen reguliert, nicht verboten werden

Mittwoch, 24. Mai 2023

/picture alliance, Carmen Jaspersen

Berlin – In der politischen Diskussion um die Träger- und Inhaberstrukturen von Medizinischen Versorgungszent­ren (MVZ) gehe es nicht um ein Verbot, sondern eine möglicherweise notwendige stärkere Regulierung. Dies be­tonte heute Dirk-Ulrich Mende, Berichterstatter ambulante Versorgung der SPD-Bundestagsfraktion, im Rahmen einer Veranstaltung des Bundesverbands der Betreiber medizinischer Versorgungszentren (BBMV).

Insbesondere die Bundesländer sähen offensichtlich Handlungsbedarf, sagte Mende mit Blick auf einen jüngst von Bayern, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein in den Bundesrat eingebrachten Antrag für ein MVZ-Regu­lierungsgesetz.

Weiteren gesetzlichen Einschränkung für MVZ-Betreiber sind laut Martin Burgi, Ordinarius für Öffentliches Recht und Europarecht an der LMU München, allerdings enge verfassungsrechtliche Grenzen gesetzt. Zu diesem Schluss kommt Burgi in einem Rechtsgutachten im Auftrag des BBMV.

Statthaft wären nach seiner Einschätzung ein Verbot der sogenannten Konzeptbewerbung im Nachbesetzungs­verfahren, ein Verbot der weiteren Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung bei fehlender Gewährleistung ärztlicher Entscheidungsfreiheit sowie die Überprüfung der Versorgungsaufträge hinsichtlich der Kernleistungen. Auch verschärfte Transparenzvorgaben wären grundsätzlich möglich.

Weitergehende Vorschläge, wie beispielsweise ein Verbot von MVZ ohne örtlichen und fachlichen Bezug zu einer Klinik oder die Unterstellung des MVZ-Trägers unter die Disziplinargewalt der Kassenärztlichen Vereinigung (KV), stießen hingegen an „unüberwindbare verfassungs- beziehungsweise europarechtliche Grenzen“, so Burgi.

Michael Weller, Leiter der Abteilung 2 Gesundheitsversorgung und Krankenversicherung im Bundesgesund­heits­ministerium (BMG), betonte, man werde „selbstverständlich“ bei allen MVZ-Regelungen den Rechtsrahmen be­rücksichtigen und einhalten. Ziel sei es, eine qualitativ hochwertige und am Bedarf orientierte medizinische Versorgung zu gewährleisten.

„Vom Netz“ werde niemand genommen, die angedachten Regelungen seien sämtlich in die Zukunft gerichtet. Stand jetzt sei der Anteil der investorengeführten MVZ ohnehin „homöopathisch“ und weit entfernt von Markt­beherrschung, so Weller.

Die Geschäftsführerin des Bundesverbands Medizinische Versorgungszentren (BMVZ), Susanne Müller, bewertete die Debatte um investorenbetriebene MVZ (iMVZ) als nicht versorgungspolitisch orientiert, sondern gegen be­stimmte Akteure gerichtet.

Deutlich schärfer formulierte Franz Knieps, Vorstandsvorsitzender des BKK Dachverbandes: Er sehe schlicht kei­nen Regulierungsbedarf. Zudem kursiere vieles an Vorschlägen, was juristisch „einfach nicht geht“.

Gesetzliche Regulierung dringend geboten.

„Eine gesetzliche Regulierung von investorengetragenen Medizinischen Versorgungszentren ist rechtlich mög­lich und aus Versorgungsgesichtspunkten dringend geboten. Eine solche Regulierung würde mit dazu beitragen, MVZ als sinnvolles Versorgungsangebot vor negativen Folgen einer auf Rendite ausgerichteten Patientenversor­gung zu schützen.“ So kommentierte Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), die Ergebnisse des vorgestellten Rechtgutachtens.

Er verwies auf die von der BÄK im Januar 2023 vorgelegten Regulierungsvorschläge für iMVZ. Diese sollen ge­währleisten, dass das Patientenwohl immer Vorrang vor kommerziellen Interessen hat. „Die in dem BÄK-Papier sowie in dem Bundesratsantrag enthaltenen Vorschläge dienen dem Gemeinwohl und sind verfassungsrechtlich gerechtfertigt“, stellte der BÄK-Präsident klar.

Aus Sicht der BÄK muss für MVZ das gleiche gelten, was auch für Vertragsärzte sowie für Apotheken gelte. So sei es für die Tätigkeit von Vertragsärzten nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts notwendig, dass diese gegenüber ihren Patienten sowohl im Bereich der eigentlichen Behandlungstätigkeit als auch im tatsächlichen und rechtlichen Umfeld dieser Behandlung in vollem Umfang unmittelbar verantwortlich seien.

Das setze zwingend voraus, dass Vertragsärzte Inhalt und Umfang ihrer ärztlichen Tätigkeit und den Einsatz der der Praxis zugeordneten sachlichen und persönlichen Mittel selbst bestimmen und insoweit keiner maßgebli­chen Einflussnahme durch andere unterliegen würden.

Das Apothekengesetz verbietet der BÄK zufolge Beteiligungen an einer Apotheke in Form einer Stillen Gesell­schaft und Verein­ba­rungen, bei denen die Vergütung für dem Apotheker gewährte Darlehen oder überlassene Vermögenswerte am Umsatz oder am Gewinn der Apotheke ausgerichtet sind. Für MVZ kann aus Sicht der BÄK nichts anderes gelten.

Keine Renditemaximierung

Reinhardt fordert deshalb gesetzliche Klarstellungen. Trete die Maximierung der Rendite als Ziel in den Vorder­grund, bestehe Handlungsbedarf. Die Einschränkung des Gründerkreises für MVZ dürfe nicht weiter dadurch un­terlaufen werden, dass ein Krankenhaus nur mit dem Zweck betrieben werde, eine Kette von MVZ zu gründen und an der stationären Versorgung „eigentlich gar kein Interesse hat“.

„Die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung und deren Finanzierung im Rahmen unseres Solidarsystems kommt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein überragend wichtiger Gemeinwohl­belang zu. Dem tragen die Regulierungsvorschläge der Bundesärztekammer Rechnung“, so Reinhardt. Mit ihnen könnten die Rahmenbedingungen so ausgerichtet werden, dass MVZ ihre Patienten weiterhin medizinisch vernünftig versorgen und ihre Behandlungen nicht primär an der Rendite orientieren würden. © aha/aerzteblatt.de

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