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Klimakrise: Wie Infektionen über Wasser, Nahrung und Vektoren zunehmen

Donnerstag, 1. Juni 2023

/Peter Cripps, stock.adobe.com

Berlin – Die Klimaveränderung wirkt sich auf die Entstehung von Infektionskrankheiten und Antibiotika­resis­tenzen aus und wird dies in Zukunft noch stärker tun.

Wie die aktuelle Situation in Deutschland aussieht und wie das Gesundheitssystem den wachsenden Heraus­forderungen durch Infektionskrankheiten begegnen kann ist Inhalt eines heute im Journal of Health Monito­ring erschienen Berichts. Der unter Koordination des Robert-Koch-Instituts (RKI) entstandene Sachstandsbe­richt zu Klimawandel und Gesundheit 2023 ist der erste von drei Teilen.

„Klimaschutz ist Gesundheitsschutz“, sagte die Mitautorin des Berichts Elke Hertig von der Universität Augs­burg. Mit One Health oder Planetary Health Ansätzen wollen die Autoren gleichzeitig Klimaschutz fördern und Anpassungsstrategien an den Klimawandel finden. Dazu brauche es unter anderem mehr Forschung, Aufklärung und ein gutes Monitoring von Krankheitserregern.

Der Bericht beschäftigt sich mit der Ausbreitung von Vektor-und Nagetier-assoziierten Infektionskrankheiten, mit wasserbürtigen sowie lebensmittelbedingten Infektionen und Intoxikationen und auch mit antimikrobi­ellen Resistenzen aufgrund des Temperaturanstiegs.

Oft stünden die durch Vektoren übertragenen Erkrankungen im Fokus, so Mitautor Klaus Stark vom RKI. „Die Asiatische Tigermücke ist jetzt seit vielen Jahren in Deutschland etabliert.“ Es sei wichtig, dass sowohl Bevöl­kerung als auch die Ärzteschaft dafür sensibilisiert werde, in Gegenden, in denen es die Tigermücke gibt, bei unklarem Fieber auch an Dengue zu denken.

Zusätzlich begünstigten die klimatischen Bedingungen die Ausbreitung weiterer vektorassoziierter Erkran­kun­gen wie Chikungunya, West-Nil-Fieber, Lyme Borreliose oder Frühsommer-Meningoenzephalitis, wie es im Bericht heißt.

Doch auch andere Infektionskrankheiten dürften nicht vergessen werden. Wichtig sei es, klimasensible Erre­ger in allen gesellschaftlichen Bereichen stärker in den Fokus zu nehmen, sagte Klaus Stark. Das betreffe jeden einzelnen Bürger, jede einzelne Bürgerin, die Ärzteschaft, zuständige Behörden und Institute.

Nicht-Cholera-Vibrionen in Nord- und Ostsee

Jedes Jahr komme es durch den Anstieg der Meeresoberflächentemperaturen, der für Nord- und Ostsee bereits belegt sei, zu erhöhten Nicht-Cholera-Vibrionen und damit vermutlich zu einer Zunahme der Infektionen, er­klären die Autoren.

Aktuell gibt es Stark zufolge etwa zehn bis 20 Erkrankungsfälle pro Jahr, die jedoch bei steigenden Tempera­tu­ren zunehmen könnten. Auch hier sei die Aufklärung der Bevölkerung sowie von Rehaeinrichtungen und der Ärzteschaft besonders wichtig.

Aufgrund veränderter Wasserbedingungen könnte darüber hinaus die Infektionsgefahr durch Legionellen, Cya­nobakterien und auch Mykobakterien oder Pilzen steigen. Weiter beschäftigt sich der Bericht mit lebens­mittel­assoziierten Infektionen und Intoxikationen, etwa durch Salmonellen oder Campylobacter-Bakterien.

Grund dafür sei unter anderem, dass durch eine immer weiter zunehmende Wasserknappheit häufiger auf aufbereitete Abwässer zur Bewässerung von Lebensmitteln zurückgegriffen werde, heißt es im Bericht.

Neben Infektionskrankheiten führt ein Anstieg der Umgebungstemperatur zu höheren Antibiotikaresistenz­raten und mehr nosokomialen Infektionen, wie die Autoren des Berichts anhand eines systematischen Re­views aufzeigen.

Monitoring verbessern

Die meisten klimasensitiven Infektionserreger seien bereits meldepflichtig, sagte Stark. Möglichkeiten der Überwachung seien das Einsenden von Stechmücken aus der Bevölkerung über das Citizen-Science-Projekt „Mückenatlas“ oder auch über eine systemische Erfassung.

Die Klimaforscherin Marina Treskova von der Universität Heidelberg berichtete von einem weiteren Projekt, bei dem gesichtete Moskitos über die App abfotografiert werden können. Mithilfe von Künstlicher Intelligenz würden diese bearbeitet, sodass die Spezies erkannt werden könnten.

Beim Monitoring von Stechmücken könne man zudem auch etwas von anderen Ländern lernen, so Treskova. Sri Lanka hätte beispielsweise ein gutes Monitoring implementiert.

Der Sachstandsbericht Klimawandel und Gesundheit 2023 soll in drei Ausgaben einer Beitragsreihe des Journal of Health Monitoring publiziert werden. Die Koordination der Publikation erfolgt im Rahmen des Projekts „KlimGesundAkt“, das durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) gefördert wird.

Der zweite Bericht soll im dritten Quartal erscheinen und fokussiert sich auf das Thema nicht-übertragbare Erkrankungen. Die dritte Ausgabe, die im vierten Quartal dieses Jahres erscheinen soll, untersucht die gesundheitliche Chancengleichheit im Hinblick auf Auswirkungen des Klimawandels. © mim/aerzteblatt.de

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