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Politik

Notfallversorgung: G-BA arbeitet weiter an Richtlinie zur Ersteinschätzung

Mittwoch, 31. Mai 2023

/picture alliance, Julian Stratenschulte

Berlin – Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) will weiter an seiner geplanten Richtlinie zur standardi­sierten und qualifizierten Ersteinschätzung in der Notfallversorgung arbeiten, wenn auch in veränderter Form. Sie soll am 6. Juli verabschiedet werden, hieß es heute aus dem G-BA. Bis dahin will das Gremium die neue Rechtslage berücksichtigen.

Hintergrund ist ein kurz­fristiger Änderungs­antrag zur Notfallversorgung, der in der vergangenen Woche im Zuge des Pflegeunterstützungs- und -entlas­tungsgesetzes (PUEG) vom Bundestag verabschiedet worden war.

Vertragsarztpraxen und medizinische Versorgungszentren (MVZ) sollen demnach keine direkte Überwei­sungs­stelle mehr für Patienten sein, die in die Notaufnahme eines Krankenhauses gegangen sind – und dort nicht als Notfall eingestuft werden. Eine Weiterleitung oder Verweisung soll nur noch an Notdienstpraxen in oder am jeweiligen Kranken­haus möglich sein.

Darüber hinaus sollen Krankenhäuser Patienten ohne sofortigen Behandlungsbedarf nur noch in der Notauf­nahme versorgen dürfen, wenn keine Not­dienstpraxis an oder in dem jeweiligen Krankenhaus bereitsteht. Das soll auch Auswirkungen auf die Vergü­tung der Kliniken haben.

Bislang sah die Reform der Notfallversorgung eine Intensivierung der Patientensteuerung vor. Nach einer qualifizierten Ersteinschätzung sollten Patienten je nach Schwere und Dringlichkeit ihrer Erkrankung in die Versorgungsebenen vermittelt werden: Vertragsarztpraxen, integrierte Notfallzentren oder stationäre Notauf­nahmen.

Die genaue Interpretation der neuen Vorgaben der Ampelkoalition ist offen. Niedergelassene und Politiker bewerten die Reform völlig unter­schiedlich. Während die Vertragsärzte in den Vorgaben ein Überweisungs­verbot der Notfallaufnahmen an den Krankenhäusern an die Vertragsärzte sehen, sehen Grüne und FDP darin kein Verbot.

Fakt ist: Infolge der nun gesetzlich neuen Vorgaben will der G-BA seine seit Monaten bearbeitete Erstein­schätzungsrichtlinie verändern. Ein Beschluss dazu war bisher für spätestens Ende Juni 2023 erwartet wor­den. An der Richtlinie soll nun zügig weiter gearbeitet werden. Das Gremium wolle auch den „durch den Ge­setzgeber geänderten Auftrag kurzfristig umsetzen", teilte der unparteiische G-BA-Vorsitzende Josef Hecken heute mit.

„Wichtig und gut ist, dass der Gesetzgeber den Grundsatzauftrag zur Definition von Vorgaben zur Durchfüh­rung einer qualifizierten und standardisierten Ersteinschätzung nicht aufgehoben hat, denn ein solches Ins­trument ist unabhängig von der zukünftigen Struktur der Notfallversorgung unabdingbar, um eine dem jewei­ligen Versorgungsbedarf entsprechende Steuerung von Versicherten in die richtige Versorgungsebene zu gewährleisten“, sagte Hecken in einem Statement.

Wie auch die Kritiker aus den Reihen der vertragsärztlichen Versorgung, sieht Hecken bei dem beschlossenen Änderungsantrag noch viele fachliche Fragen. Die Änderung des Auftrages an den G-BA werfe „rechtliche Fragestellungen“ auf und enthalte „gesetzliche Wer­tungswidersprüchlichkeiten“, so Hecken.

„Es entsteht der Eindruck, dass Krankenhäuser künftig immer dann, wenn es am Krankenhaus oder in unmit­tel­barer Nähe keine vertragsärztliche Notdienstpraxis gibt, einen umfassenden Behandlungsauftrag gegen­über allen Hilfesuchenden hätten, die ihre Notaufnahmen aufsuchen – und dies auch, falls erkennbar kein so­fortiger Behandlungsbedarf festgestellt wurde.“ Damit würde sich auch die Überlastungssituation der Notauf­nahmen verschlimmern und die längst etablierten Terminservicestellen würde „faktisch ad absurdum geführt“.

Den Verweis der Ampelpolitiker, dass mit der geplanten Krankenhausreform auch eine Reform der Notfall- und Akutversorgung einhergehe, für die die Regierungskommission bereits Vorschläge vorgelegt habe, hält He­cken für nicht tragbar.

„Es ist ein Irrglaube, dass mit den integrierten Leitstellen die zunehmend ausufernde Inanspruchnahme der Notaufnahmen und der Aufwand für das Personal im Gesundheitswesen verringert wird“, mahnte er. Die Er­fah­rungen der vergangenen Jahre zeige vielmehr, dass viele Hilfesuchenden ohne eine vorherige telefonische oder vertragsärztliche Konsultation die Notfallaufnahmen der Krankenhäuser aufsuchten.

Auch benötige es Lösungen für die Steuerung von Patienten bis die integrierten Leitstellen sowie die inte­grierten Notfallzentren (INZ) aufgebaut seien. „Es wird einige Jahre dauern, bis die für die Krankenhausreform angedachten Strukturveränderungen reale Versorgungspraxis sind. Insofern braucht es auch für diese Über­gangszeit praktikable und sachgerechte Lösungen", betonte Hecken.

Der G-BA will in einer Sondersitzung am 6. Juli über die Ersteinschätzungsrichtlinie beraten. © bee/may/aerzteblatt.de

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