Politik
Lauterbach und Laumann werben für Auseinandersetzung mit dem Thema Organspende
Montag, 5. Juni 2023
Düsseldorf – Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und sein NRW-Amtskollege Karl-Josef Laumann (CDU) haben an die Bundesbürger appelliert, sich mit dem Thema Organspende auseinanderzusetzen.
Lauterbach ermunterte vorgestern in Düsseldorf dazu, eine persönliche Entscheidung zur Organspende zu treffen und diese zu dokumentieren. „Nur so können Sie sicher sein, dass Ihr persönlicher Wille umgesetzt wird, Ihre Angehörigen von einer schweren Entscheidung entlastet werden und Sie die Chance haben, nach Ihrem Tod anderen Menschen zu helfen.“
Die beiden Gesundheitsminister äußerten sich zusammen mit Vertretern der Deutschen Stiftung Organtransplantation bei der zentralen Veranstaltung zum bundesweiten Tag der Organspende. Beide Minister plädieren für eine grundlegende Reform des Transplantationsgesetzes und die Einführung einer Widerspruchslösung in Deutschland. Dann wäre jeder Bürger automatisch ein potenzieller Organspender – außer er widerspricht ausdrücklich.
Derzeit gilt, dass jeder Bürger vorab ausdrücklich zugestimmt haben muss, um als Organspender zu gelten. 2020 hatte der Bundestag einer Widerspruchslösung eine Absage erteilt.
Im vergangenen Jahr waren die Spendezahlen noch einmal deutlich gesunken. Bundesweit gab es 869 Organspender, ein Minus von fast 7 Prozent gegenüber 2021. In den ersten vier Monaten dieses Jahres hat sich die Statistik allerdings wieder dem Niveau der Vorjahre angenähert. Von Januar bis April 2023 gab es bundesweit 311 Organspender. Dadurch konnten 954 Organe für eine Transplantation gemeldet werden.
Lauterbach betonte, die Widerspruchslösung lasse jeder Person die Entscheidungsfreiheit, über ihre Organe selbst zu bestimmen. Gleichzeitig sei sie ein Anstoß, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Im Ernstfall gebe es oft keine klaren Willensbekundungen von potenziellen Organspendern, und Angehörige sähen sich nicht in der Lage, einer Transplantation zuzustimmen.
Patientenschützer kritisierten den erneuten Vorstoß des Gesundheitsministers. Lauterbach lenke von seinem eigenen Versagen ab, sagte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) vorgestern.
Er hielt Bund und Ländern vor, das 2020 verabschiedete Gesetz zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende nicht umzusetzen. Seit Jahren kämen weder der Aufbau eines Transplantationsregisters noch die Einholung von Willenserklärungen bei den Bürgerämtern voran.
Der Vorstand lobte zugleich die Ärzte. Sie kämen ihrem Auftrag zur Beratung nach. Seit dem 1. März 2022 seien hier drei Millionen Abrechnungen erfolgt. Doch Erkenntnisse über die tatsächliche Entscheidung dieser Patientinnen und Patienten für oder gegen die Organspende fehlten. „Das schon jahrelang andauernde Politikversagen bei der Organspende muss jetzt ein Ende haben“, sagte Brysch.
Unterdessen teilte die Krankenkasse Barmer unter Berufung auf eine Umfrage bei den Versicherten mit, dass die Bereitschaft zur Organspende im vergangenen Jahr stark zugenommen habe. Danach erklärten 39 Prozent, dass sie „bestimmt“ zur Organspende nach ihrem Tod bereit wären. Im Vorjahr lag dieser Wert noch bei 34 Prozent.
Die Zahl der Befragten, die für sich eine Organspende sicher ausschließen, beträgt unverändert neun Prozent. Die restlichen Befragten antworteten mit „wahrscheinlich ja“ (18 Prozent, 2022: 20 Prozent) „wahrscheinlich nicht“ (9 Prozent, 2022: 13 Prozent) oder „eventuell“ (25 Prozent, 2022: 24 Prozent). Mit 41 Prozent ist die Spendenbereitschaft in der Altersgruppe der 51- bis 64-Jährigen am größten. Am niedrigsten liegt sie bei den 39- bis 50-Jährigen mit 36 Prozent.
Kaum gewachsen ist laut der Umfrage der Anteil der Versicherten mit einem Organspendeausweis. Während im vergangenen Jahr 38 Prozent und damit mehr als jeder Dritte angab, einen solchen Ausweis zu besitzen, liegt die Quote aktuell bei 39 Prozent. © kna/aerzteblatt.de

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