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Politik

Strafzahlungen für psychiatrische Kliniken: Verbändebündnis sieht Versorgung in Gefahr

Mittwoch, 7. Juni 2023

/sudok1, stock.adobe.com

Berlin – Ein breites Bündnis aus 20 psychiatrischen Fachverbänden und Betroffenenvereinigungen fordert die Streichung von Sanktionen, die psychiatrische Kliniken ab dem 01. Januar 2024 aufgrund einer Personalrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) auferlegt wurden.

Neueste Analysen zeigten, dass die Sanktionen „unverhältnismäßig, unsachgemäß und ungerecht“ seien, heißt es in einem Positionspapier; sie würden deutschlandweit zu einem unkontrollierten und dramatischen Verlust von Behandlungsmöglichkeiten führen, konstatiert das Bündnis darunter die „Plattform Entgelt“.

Neueste Analysen zeigen nach Angaben des Bündnisses, dass von den Sanktionen in Form von Strafzahlungen Kliniken im ganzen Land betroffen sein werden. „Es wird bundesweit und flächendeckend zu einer deutlichen Verknappung der stationären Behandlungskapazitäten kommen. Damit steht die psychiatrische Versorgungslandschaft vor einem unkontrollierten Kahlschlag“, erklärt Andreas Meyer-Lindenberg, Präsident der DGPPN.

Hintergrund ist die Richtlinie „Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik“ (PPP-RL) des G-BA. In ihr sind seit 2020 Untergrenzen für die Personalausstattung in psychiatrischen und psychosomatischen Kliniken festgeschrieben. Laut „Plattform Entgelt“ wurden diese Zahlen ohne aktuelle Datengrundlage festgesetzt und spiegeln die Notwendigkeiten einer leitliniengerechten Behandlung nicht wider. Werden diese Untergrenzen nicht eingehalten, sieht die PPP-RL Strafzahlungen vor.

Diese Strafzahlungen greifen laut Bündnis, sobald in einem Quartal in einer einzigen von sechs Berufsgruppen die Vorgaben nicht erfüllt sind. Sie würden selbst dann fällig, wenn über das gesamte Jahr und das gesamte Personal betrachtet alle vorgesehenen Leistungen erbracht und alle entsprechenden Finanzmittel verausgabt werden. Im Gegenteil zu vergleichbaren Mechanismen fielen sie in der Höhe drastisch aus: Auch bei kleinen Unterschreitungen können Zahlungen fällig werden, die fünfmal höher liegen als die vermeintlich eingesparte Summe.

Um Strafzahlungen zu vermeiden, würden die Kliniken Patientenzahlen reduzieren und innovative Behandlungsangebote abbauen, Mitarbeitende „werden von zentralen Bezugspersonen zur Personal-Verschiebemasse“, heißt es im Positionspapier.

Die Sanktionen der PPP-RL gefährdeten die Versorgungssicherheit. DGPPN-Präsident Meyer-Lindenberg sagt: „Patientinnen und Patienten, die stationär in der Erwachsenen- oder der Kinder- und Jugendpsychiatrie behandelt werden müssen, können nicht einfach zu niedergelassenen Behandelnden wechseln. Selbst wenn es ausreichend ambulante Behandlungsplätze gäbe – die aktuellen Strukturen machen es unmöglich, solche akut oder schwer erkrankten Patienten ambulant angemessen komplex zu versorgen.“

Um diese Gefahr auszuräumen, ist es laut der „Plattform Entgelt“ nötig die Strafzahlungen der PPP-RL in ihrer aktuellen Form zu streichen. Die Koordinatorin der Plattform Sylvia Claus erklärt: „Es braucht einen verhältnismäßigen und gestuften Ansatz. Selbstverständlich sollten Gelder, die nicht für Personal eingesetzt werden, zurückgezahlt werden. Aber Kliniken, die aufgrund des Fachkräftemangels Schwierigkeiten haben, Stellen zu besetzen, sollten nicht bestraft, sondern unterstützt werden.“

Der „Plattform Entgelt“ gehören unter anderen der Arbeitskreis der Chefärztinnen und Chefärzte der Kliniken für Psychiatrie und Psychotherapie an Allgemeinkrankenhäusern in Deutschland (ackpa), Bundesarbeitsgemeinschaft der Träger Psychiatrischer Krankenhäuser (BAG Psychiatrie), die Bundesdirektorenkonferenz (BDK) und die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e. V. (DGPPN) an. Insgesamt 20 Fach-, Berufs- und Betroffenenverbände unterstützen das Positionspapier. © PB/EB/aerzteblatt.de

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