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Politik

Bundesgesundheits­ministerium will keine Arbeitsgruppe für Armut und Gesundheit einrichten

Mittwoch, 21. Juni 2023

/Freepik, stock.adobe.com

Berlin – Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) richtet keine Arbeitsgruppe für das Thema „Armut und Gesundheit“ ein.

Das BMG habe dem Sozialmediziner und ehemaligen Kandidaten für das Bundespräsidentenamt, Gerhard Trabert, mitgeteilt, dass es aktuell keine „Einrichtung einer interministeriellen Arbeitsgruppe zum Thema Armut und Gesundheit“ plane. Das berichtete Trabert dem Deutschen Ärzteblatt. Eine Anfrage an das Ministerium, warum die Arbeitsgruppe nicht ins Leben gerufen werde, ließ das BMG bislang unbeantwortet.

Seit dem vergangenen Herbst hatte sich Trabert für die Einrichtung einer solchen Arbeitsgruppe bei Gesprächen mit dem BMG eingesetzt. Er hatte auf eine ressortübergreifende Gruppe, die sich etwa auch mit dem Sozial- oder Landwirtschaftsministerium sowie Betroffeneninitiativen und Vertreterinnen und Vertretern der Ärzteschaft an einen Tisch setzt, gehofft.

„Ich bin sehr enttäuscht und kann es nicht nachempfinden, warum das BMG diese Arbeitsgruppe nicht als Chance wahrnimmt und nicht in den Austausch mit Betroffenen gehen will“, sagte Trabert dem Deutschen Ärzteblatt. Er kritisierte zudem, dass das BMG den Dialog etwa mit der Nationalen Armutskonferenz, die diesen Freitag in Mainz einen Fachtag organisiert, ablehne. Auch bezüglich der Erstellung eines Gesetz­entwurfes zu den geplanten Gesundheitskiosken sei das BMG nicht im Gespräch mit den Akteuren und Wohlfahrtsverbänden, die über entsprechendes Wissen verfügen, so Trabert.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will bundesweit 1.000 solcher Standorte ermöglichen, die möglichst am öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) angedockt und mit dem Kinder- und Jugendbereich vor Ort vernetzt werden sollen. Die Regelungen zu den Gesundheitskiosken sind im Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Gesundheitsversorgung in der Kommune (Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz – GVSG) festgehalten.

Von 2000 bis 2004 gab es Trabert zufolge bereits eine Arbeitsgruppe für Armut und Gesundheit, damals noch unter der ehemaligen Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD). Diese war interministeriell besetzt und hatte sich Trabert zufolge zweimal im Jahr zusammengesetzt, um verschiedene Themen etwa zu Gesundheitsaspekten hinsichtlich Wohnungslosigkeit oder Kinderarmut zu besprechen.

In Deutschland ist beispielsweise dem Kinderhilfswerk zufolge etwa jedes fünfte Kind von Armut betroffen. Unbestritten ist zudem, dass die Krankheitsprävalenz bei sozial benachteiligten und von Armut betroffenen Menschen oft erhöht ist.

Trotz allgemeiner Krankenversicherungspflicht gibt es viele Menschen in Deutschland, die entweder keinen oder nur unzureichenden Versicherungsschutz haben. Für die Betroffenen ist es oftmals schwierig, Zugang zu medizinischen Leistungen und Behandlungen zu erhalten. Auch die Pandemie hat die Lage für viele ärmere Menschen in gesundheitlicher aber auch sozio-ökonomischer Hinsicht verschärft.

Zuletzt hatte sich der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) immer wieder für eine bessere Gesundheitsversorgung für Menschen in Armut stark gemacht. Er kritisierte, dass einige Menschen durchs Raster fielen und nicht von der Gesundheitsversorgung in Deutschland profitieren könnten, obwohl es eine leistungsfähige Gesundheitsversorgung gebe.

Zudem beeinflusse die gesundheitliche Ungleichheit den gesellschaftlichen Zusammenhalt und sei damit auch eine Herausforderung für den Sozialstaat, so Steinmeier im März auf dem Kongress „Armut und Gesundheit“.

Lauterbach selbst hatte bei diesem Kongress ebenfalls betont, dass Armut die Gesundheit beeinflusse und die gesundheitlichen Chancen deshalb möglichst gleich verteilt werden sollten. Für vulnerable Zielgruppen brauche es mehr präventive Angebote, wie etwa die geplanten Gesundheitskioske, sagte er damals. © cmk/aerzteblatt.de

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