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Politik

„Personalengpässe können sicherlich ein Treiber für Fusionen werden“

Dienstag, 11. Juli 2023

Berlin – Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, hat sich für eine Verringerung der Zahl an Krankenkassen ausgesprochen. Gäbe es weniger von ihnen, könnte die Solidargemeinschaft Geld sparen, das im Moment für Verwaltungspersonal und Vorstandsgehälter ausgegeben wird. Umgehend erhielt sie Wider­spruch aus dem Kassenlager: Es handele sich um blanken Populismus. Gesundheitsökonom Jürgen Wasem erklärt im Gespräch mit dem Deutschen Ärzteblatt, ob sich durch eine Verringerung der Kassenzahl wirklich nennenswert Geld sparen ließe.

5 Fragen an den Gesundheitsökonom Jürgen Wasem

Herr Wasem, wie viele Krankenkassen sind aus Ihrer Sicht nötig?
Wenn Politik funktionierenden Kassenwettbewerb möchte, braucht man meines Erachtens in jeder Region zehn bis 15 allen Versicherten offenstehende Krankenkassen. Damit genug Differenzierungsmög­lich­keiten auch umgesetzt werden können.

Das wäre – ökonomisch gesprochen – dann ein nicht zu enges regio­nales Oligopol. Da ein Teil der Krankenkassen nur ein regionales Tätig­keitsgebiet haben und behalten wird, dürfte dies bundesweit auf vielleicht 50 Kassen hinauslaufen.

Wie viel Geld könnte man durch den Verzicht auf Vorstandsgehälter und zehntausende Mitarbeitende einsparen, wenn man nur noch drei oder vier Kassen hätte?
Da wird man nicht wirklich viel sparen. Die paar Vorstandsgehälter machen den Kohl nicht fett. Auf der Mit­arbeiterebene haben wir ja ungefähr 500 Versicherte auf einen Mitarbeiter.

Ich denke nicht, dass man da we­sentlich drunter bleiben kann. Oder anders formuliert: Wenn man wegen Digitalisierung und Prozessänderun­gen weniger Personal braucht, wird dies sich gleichermaßen in einer Kassenlandschaft mit knapp 100 oder mit weniger als zehn Kassen durchsetzen.

Könnten digitale Anwendungen, speziell auf Grundlage Künstlicher Intelligenz, in den Krankenkassen – etwa in der Verwaltung oder bei Prüfung und Auszahlung von Geldern – nicht viele Jobs überflüssig machen?
Es ist heute schon so, dass Krankenkassen, die von den Versichertenzahlen wachsen, nur noch wenig zusätzliches Personal aufbauen, weil sie durch die Digitalisierung Effizienzsteigerungen realisieren können. Das wird sich auf jeden Fall durchsetzen, weil Krankenkassen, die da nicht mitziehen, die höheren Personalkosten und damit die höheren Zusatzbeiträge haben werden.

Wird künftig auch der Fachkräftemangel die Verwaltungen der Krankenkassen treffen und falls ja, was bedeutet das für sie?
Personalengpässe können sicherlich ein Treiber für Fusionen werden. Aber auch die weitere Professionali­sierung im Leistungs- und Vertragsmanagement in Verbindung mit Finanzierungsproblemen wird weiterhin ein wesentlicher Treiber bleiben.

Rechnen Sie damit, dass sich die Kassenlandschaft weiter konsolidieren wird? Wie viele Kassen haben wir 2025?
Wir hatten vor der Strukturreform von 1992 über 1.000 Krankenkassen, die Fusionsgeschwindigkeit hat zwar abgenommen, die Zahl der Kassen wird aber auch ohne Zutun der Politik weiter sinken. Wie gesagt: Die Fusi­onsgeschwindigkeit hat abgenommen. 2025 ist ja schon übermorgen. Da wird es sicherlich noch um die 90 Krankenkassen geben. © lau/may/aerzteblatt.de

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