Politik
Brief an Lauterbach: 71 Landräte kritisieren Krankenhausreform
Dienstag, 25. Juli 2023
München – Die 71 bayerischen Landräte haben in einem Brief an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vor dramatischen Folgen infolge der geplanten Krankenhausreform gewarnt. Sie wollen mit dem Schreiben ihre „großen Sorgen“ zum Ausdruck bringen und rufen zugleich nach Bundesmitteln.
Die Lauterbachsche Ausgestaltung werde „irreparable Schäden in der akutstationären Grund- und Regelversorgung in den ländlichen Regionen verursachen und zu willkürlichen Krankenhausschließungen führen“, heißt es in dem Schreiben des Präsidenten des Bayerischen Landkreistages, Thomas Karmasin (CSU).
Zahlreiche Landkreise könnten die sehr hohen Betriebskostendefizite ihrer Krankenhäuser nicht bis zum Abschluss der Konvergenzphase schultern. Später seien dann Häuser geschlossen, die für die notfallmedizinische Versorgung, aber auch für die Aus- und Weiterbildung des pflegerischen und ärztlichen Personals notwendig gewesen wären, so Karmasin.
Er rief Lauterbach dazu auf, „die Logik des Reformprozesses“ anzupassen. So müssten zunächst die die Liquiditätsengpässe aufgrund der Preissteigerungen und Tarifabschlüsse, die die Krankenhäuser und ihre Träger nicht zu verantworten haben, geschlossen werden. „Wir fordern Sie unmittelbar zur Bereitstellung und Freigabe der dafür benötigten Mittel auf.“
Dann seien mit der Definition der Leistungsgruppen und ihrer Qualitätskriterien die Rahmenbedingungen für die Krankenhausplanung der Länder zu schaffen, um die Auswirkungen der Reform auf die Krankenhauslandschaft konkret beurteilen zu können. Erst dann könnten die notwendigen Strukturentscheidungen sinnvoll und zukunftsfähig getroffen werden. Die Reform könnte laut Kritikern zur Folge haben, dass schwierige Behandlungen in ländlichen Kreiskrankenhäusern nicht mehr möglich wären.
Für Karmasin muss auch eine Reform der Notfallversorgung „von Anfang an mitgedacht werden“. Bereits heute würden Krankenhausärzte 80 Prozent der Noteinsätze im ländlichen Raum übernehmen und somit in den Kliniken fehlen. Sollte es zu Krankenhausschließungen kommen, würde das Netz der Zielkliniken auf unkoordinierte und drastische Weise ausgedünnt – und damit den Rettungsdiensten die Erfüllung ihres Auftrags erschwert, hieß es weiter in dem Schreiben. „Bei Herzinfarkten und Schlaganfällen zählt jedoch jede Minute“.
Die Notwendigkeit einer Reform des Gesundheitswesens sei allerdings richtig sowie notwendig und würde von keinem der Landräte bezweifelt, betonte Karmasin. Die Eckpunkte seien allerdings übereilt. Deshalb appellierte Karmasin im Namen der Landräte an den Bundesgesundheitsminister, die „Sorgen um die Versorgungssicherheit im ländlichen Raum bei der Ausgestaltung des Gesetzentwurfs zu berücksichtigen.“
Bund und Länder hatten sich auf die Grundzüge der Krankenhausreform geeinigt – nur Bayern hatte gegen die Reform gestimmt, während Schleswig-Holstein sich enthalten hatte. Unter anderem soll das Vergütungssystem mit diagnosebezogenen Fallpauschalen (DRG) geändert werden, um die Krankenhäuser vom finanziellen Druck zu entlasten, immer mehr Fälle zu behandeln. Sie sollen künftig einen großen Anteil der Vergütung schon für das Vorhalten von Leistungsangeboten bekommen. © dpa/may/aerzteblatt.de

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