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Medizin

Mammografie: Künstliche Intelligenz findet mehr Tumore und entlastet Radiologen

Mittwoch, 2. August 2023

/Axel Kock, stock.adobe.com

Lund – Eine künstliche Intelligenz (KI), die auf die Erkennung von Tumoren in der Mammografie trainiert wurde, hat in einer randomisierten Studie Radiologen geholfen, die Zahl der entdeckten Tumore um 20 % zu steigern. Gleichzeitig wurde die Arbeitslast um 43 % gesenkt, wie die jetzt in Lancet Oncology (2023; DOI: 10.1016/S1470-2045(23)00298-X) vorgestellten Zwischenergebnisse zeigen. Ob auch die Zahl der Intervall­tumore sinkt oder lediglich vermehrt harmlose Tumore gefunden wurden, wird erst in einigen Jahren fest­stehen.

Die Mammografie ist im Prinzip ein ideales Einsatzgebiet für die künstliche Intelligenz. Die Software ist in der Lage, die subtilsten Veränderungen in den radiologischen Abbildungen der weiblichen Brustdrüse zu erken­nen, und sie könnte die Radiologen bei einer kognitiv schwierigen Aufgabe entlasten. Hinzu kommt, dass es in vielen Ländern zu wenige Radiologen gibt, die auf die Mammografie spezialisiert sind, und die Lernphase wird mit bis zu zehn Jahren angegeben.

Die niederländische Firma ScreenPoint Medical aus Nijmegen hat eine künstliche Intelligenz (KI) an mehr als 200.000 Mammografien trainiert. Die Software Transpara liefert keine Diagnose. Sie bewertet den Verdacht auf ein mögliches Mammakarzinom mit 1 bis 10 Punkten, wobei 1 bis 7 Punkte ein niedriges, 8 und 9 Punkte ein mittleres und 10 Punkte ein hohes Risiko auf ein Mammakarzinom angeben.

In der schwedischen MASAI-Studie („Mammography Screening with Artificial Intelligence“) wird derzeit unter­sucht, ob Transpara die Ergebnisse der Mammografie verbessern kann. Zwischen April 2021 und Juli 2022 wur­den 80.033 Frauen im Alter von 40 bis 80 Jahren, die sich an vier Standorten im Südwesten Schwedens einem Mammographie-Screening unterzogen hatten, auf zwei Gruppen randomisiert.

In einer Gruppe wurden, wie dies die europäischen Leitlinien vorsehen, alle Aufnahmen von zwei Radiologen begutachtet. In der anderen Gruppe warf zunächst die KI einen Blick auf die Bilder. Nur wenn die KI das Risiko mit 10 einstufte, wurden die Bilder von zwei Radiologen begutachtet. In den anderen Fällen wurde die Einschätzung der KI nur von einem Radiologen überprüft.

Wie Kristina Lång von der Universität Lund und Mitarbeiter berichten, war die KI bei 2.875 der 39.996 Bilder (7,2 %) der Ansicht, dass das Risiko auf ein Mammakarzinom hoch war (10 Punkte). Die beiden Radiologen waren in 416 Fällen derselben Ansicht und bestellten die Frauen zur Kontrolle ein. Bei einer Biopsie wurden dann 208 Karzinome entdeckt. In den übrigen Risikogruppen (1-9 Punkte) bestellte der einzelne Radiologe 445 weitere Patientinnen wegen eines Krebsverdachts ein. Hier hatten nur 36 Frauen ein Karzinom.

Die KI hatte mit ihrem Verdacht häufig richtig gelegen, aber es war sicherlich gut, dass alle Bilder zumindest von einem Radiologen überprüft wurden. Sonst wären 36 Karzinome übersehen worden. Davon entfielen allerdings 30 auf die Risikostufen 8 und 9. Wenn in der Risikogruppe 1 bis 7 ganz auf eine Begutachtung verzichtet worden wäre, wären nur 6 Karzinome übersehen worden. Auf diese Risikogruppe 1 bis 7 entfielen drei Viertel aller Teilnehmerinnen.

Insgesamt gab es in der KI-unterstützten Gruppe also 861 Verdachtsfälle (416+445) und 244 Karzinome (208+36). In der Kontrollgruppe ohne KI gab es 817 Verdachtsfälle und 203 Karzinome. Dies bedeutet, dass in der KI-Gruppe etwa 20 % mehr Karzinome entdeckt wurden (Risk Ratio 1,2; 95-%-Konfidenzintervall 1,0 bis 1,5).

Auch die Zahl der Tumore im Stadium T1 (152 versus 129) war in der KI-unterstützten Gruppe höher. Dies deutet darauf hin, dass die KI zur Diagnose einiger ernsthafter Karzinome geführt hat, die ansonsten überse­hen worden wären. Diese Tumore wären möglicherweise später als Intervalltumore, also vor der nächsten planmäßigen Mammografie durch ein aggressives Wachstum in Erscheinung getreten. Ob dies tatsächlich der Fall ist, wird sich erst in einigen Jahren zeigen. Die Studie wird fortgesetzt. Die Häufigkeit der Intervalltumore ist der primäre Endpunkt der Studie.

Denkbar bleibt aber auch, dass das KI-gestützte Screening viele Tumore entdeckt hat, die sich nicht weiter entwickelt hätten. Auf diese Möglichkeit weist der Epidemiologe Nereo Segnan von CPO Piemonte („Centro di Riferimento per l'Epidemiologia e la Prevenzione Oncologica“) in Turin hin. Tatsächlich war die Zahl der In-situ-Krebserkrankungen (60 versus 38) in der KI-unterstützten Gruppe höher.

Ein wichtiger Nebenbefund ist sicherlich, dass die KI die Zahl der Befundungen durch die Radiologen gesenkt hat. Laut Lång mussten sich die Radiologen in der KI-unterstützten Gruppe 46.345 Bilder ansehen gegenüber 83.231 in der Kontrollgruppe. Dies bedeutet eine Reduzierung der Arbeitslast der Radiologen um 44,3 %. Unter der Voraussetzung, dass ein Radiologe durchschnittlich 50 Mammogramme pro Stunde liest, hätte die Zeitersparnis für einen Radiologe etwa 4,6 Monate betragen. © rme/aerzteblatt.de

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