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Medizin

Long COVID: Fibrinogen und D-Dimer erklären unterschiedliche Aspekte kognitiver Störungen

Montag, 4. September 2023

/Justlight, stock.adobe.com

Oxford – Eine britische Studie bringt 2 Biomarker mit den möglichen Langzeitfolgen von COVID-19 für das Gehirn in Verbindung. Nach den in Nature Medicine (2023; DOI: 10.1038/s41591-023-02525-y) vorgestellten Ergebnissen war ein Anstieg von Fibrinogen (relativ zum CRP-Wert) mit einer Zunahme von objektiven und subjektiven kognitiven Störungen verbunden. Ein Anstieg des D-Dimer (ebenfalls relativ zum CRP-Wert) er­höhte das Risiko auf subjektive Störungen und Probleme am Arbeitsplatz.

Die PHOSP-COVID-Studie („Post-hospitalisation COVID-19“) begleitet eine größere Gruppe von Patienten, die wegen einer schweren Erkrankung an COVID-19 im Krankenhaus behandelt wurden. Seit der Entlassung wer­den sie regelmäßig kontaktiert und untersucht. Bei einem Termin nach 6 Monaten wurden 2 Untersuchun­gen zu möglichen kognitiven Störungen durchgeführt.

Das „Montreal Cognitive Assessment“ (MoCA) misst objektive kognitive Defizite in 7 Bereichen: visuell-räum­liche und exekutive Funktion, Benennung, Aufmerksamkeit, Sprache, Abstraktion, verzögerte Erinnerung und Orientierung. Der „Patient Symptom Questionnaire“ (C-PSQ5) erkundigt sich nach subjektiv empfundenen kognitiven Symptomen wie Verwirrung, Verlust des Kurzzeitgedächtnisses, Kommunikations- und Verständnis­probleme, Konzentrationsschwierigkeiten, eine Verlangsamung des Denkens und Schwierigkeiten beim Erinnern.

Ein Team um Paul Harrison von der Universität Oxford hat die Ergebnisse der beiden Tests mit den Laborergeb­nissen bei der Aufnahme in die Klinik in Verbindung gesetzt. Dabei wurden die Korrelationen zu Werten von Fibrinogen und D-Dimer entdeckt. Sie waren nur erkennbar, wenn sie auf den CRP-Wert bezogen waren. Der CRP-Wert (C-reaktives Protein) ist ein Marker der Entzündungsreaktion im Körper und damit häufig für den Schweregrad einer Erkrankung.

Fibrinogen ist als sogenanntes Akute-Phase-Protein ebenfalls ein Marker für Entzündungen. Darüber hinaus ist es ein zentraler Bestandteil der Blutgerinnung. Höhere Fibrinogenspiegel werden mit Mikrothromben in Ver­bindung gebracht. Wenn Fibrinogen bei einer Störung der Blut-Hirn-Schranke ins Parenchym des Gehirns ge­langt, könnte es dort die Mikroglia aktivieren, die Axone der Nervenzellen schädigen und die Ablagerung von Beta-Amyloiden fördern.

Die britischen Forscher fanden heraus, dass ein erhöhter Fibrinogenwert (relativ zum CRP) während der akuten Erkrankung mit schlechteren Ergebnissen im MoCA und C-PSQ5 verbunden war. Die Patienten litten also ob­jektiv und subjektiv unter vermehrten kognitiven Störungen. Harrison vermutet deshalb, dass höhere Fibrino­genspiegel mit einer Schädigung des Gehirns einhergehen (was nicht ausschließt, dass die Patienten sich später doch noch erholen).

D-Dimer ist ein Marker für die Bildung von Thrombosen. Erhöhte Werte bei der Aufnahme waren nur mit subjektiven kognitiven Störungen verbunden, nicht aber mit objektiven Defiziten. Es ist bekannt, dass es bei COVID-19 zu Mikrothromben in den kleinen Gefäßen der Lungen kommt. Sie könnten die Sauerstoffaufnahme beeinträchtigen und die rasche Erschöpfung („Fatigue“) erklären, unter der viele Patienten über das Ende der akuten Erkrankung hinaus leiden.

Eine rasche Erschöpfung könnte auch die subjektiven kognitiven Störungen plausibel erklären. Dazu passt, dass die Patienten häufig über Probleme am Arbeitsplatz berichten, wo sie über längere Zeit kognitiv gefordert werden. Bei einer verminderten Sauerstoffaufnahme könnten sie hier nicht mehr die gewohnte Leistung bringen.

Die Forscher konnten die Ergebnisse in einer Analyse von über 90 Mio. elektronischen Krankenakten verifizie­ren. Tierexperimentelle Studien haben ebenfalls gezeigt, dass thrombotische Ereignisse bei der akuten Erkran­kung sich auf die spätere Erholung auswirken können. Die Ergebnisse unterstützen den Einsatz von Antiko­agulanzien, der mittlerweile in der Behandlung von schweren Erkrankungen Standard ist, dort aber immer gegen das Risiko von Blutungen abgewogen werden muss. © rme/aerzteblatt.de

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