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Politik

Versorgung von Long-COVID-Er­krankten soll verbessert werden

Dienstag, 12. September 2023

Von links: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), Carmen Scheibenbogen, Leiterin der Immundefektambulanz an der Charité, und Karl Broich, Präsident des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte /picture alliance, Britta Pedersen

Berlin – Long-COVID-Patienten soll ein erleichterter Zugang zu Off-Label-Arzneimitteln ermöglicht werden. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kündigte heute an, dass eine Kommission beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine Liste mit Medikamenten erarbeiten werde, die Arznei­mittel aufführt, die auch außerhalb der Zulassung verordnet und bezahlt werden könnten.

Zudem will sich Lauter­bach im Zuge der Haushaltsplanungen für eine Aufstockung der Fördermittel für die Long-COVID-Forschung stark machen. Dies sind die zentralen Ergebnisse des „Runden Tisches Long COVID“, zu dem der SPD-Politiker Fachleute und Betroffene eingeladen hatte. Der Runde Tisch ist Teil der im Juli vorge­stellten Initiative Long COVID.

Ziel des ersten Treffens sei es gewesen, sich über die Versorgungslage von Erkrankten mit Long COVID in Deutschland auszutauschen und mögliche Maßnahmen zur Verbesserung zu diskutieren, so Lauterbach.

Teilgenommen haben nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) mehr als 70 Gäste – darunter Vertreterinnen und Vertreter aus der Versorgung, aus Wissenschaft, Forschung, Politik, der pharmazeutischen Industrie, von Fachgesellschaften sowie von Betroffenenverbänden.

Ursachen und Verläufe der Erkrankung seien leider immer noch nicht ausreichend klar, sagte Lauterbach. Allerdings habe man in den vergangenen Monaten wichtige wissenschaftliche neue Erkenntnisse erzielt.

Demnach könnten einige Medikamente Symptome und Leiden lindern, obwohl sie nicht speziell für diese Erkrankung entwickelt worden seien. Eine Fachgruppe des BfArM werde eine Liste mit möglichen Medikatio­nen für Patienten erarbeiten, die an den Spätfolgen von Corona leiden.

BfArM will schnell Ergebnisse vorlegen

Dem BfArM-Präsidenten Karl Broich zufolge gibt es „deutliche Hinweise“, dass bestimmte Arzneimittel positi­ve Effekte bringen. Dies werde man nun prüfen und dann Empfehlungen abgeben – und zwar „noch dieses Jahr“, sagte er.

Lauterbach betonte, er werde eine schnelle Umsetzung im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) sicher­stellen. Zum Hintergrund: Krankenkassen dürfen Off-Label-Use-Medikamente nur bezahlen, wenn durch den G-BA entsprechende Abweichungen von den in der Zulassung definierten Anwendungsgebieten beschlossen wurden.

Ein geregelter Off-Label-Use wurde von Carmen Scheibenbogen, Charité Universitätsmedizin Berlin, aus­drück­lich begrüßt. Dieser Ansatz biete „in der Breite“ zahlreiche Optionen für die symptomatische Behand­lung.

Lauterbach kündigte zudem an, „weitere 60 Millionen Euro“ für die Forschung an Long COVID organisieren zu wollen. Er werde sich in Haushaltsgesprächen entsprechend einsetzen. In Deutschland stünden derzeit 40 Millionen Euro zur Verfügung. 100 Millionen Euro für die Long-COVID-Forschung seien aber „das Minimum“.

Lauterbach hatte bereits im Vorfeld der Debatten um den Bundeshaushalt für das kommende Jahr 100 Millionen Euro für die Long-COVID-Forschung angekündigt. Er hatte sich damit bei Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) aber nicht durchsetzen können. Die neuerliche Ankündigung ist der zweite Anlauf. Nun will er es im Haushaltsausschuss des Bundestags versuchen.

Verbesserungen bei den Rahmenbedingungen für klinische Studien soll das geplante Medizin-Forschungs­gesetz bringen – ein Entwurf werde „in wenigen Wochen“ vorgestellt.

Von der beim G-BA bereits in Arbeit befindlichen Richtlinie zum Versorgungsangebot bei Long COVID erhoffe er sich eine weitere „sehr wesentliche Verbesserung“, so der Gesundheitsminister. Auch Scheibenbogen setzt auf die kommende Richtlinie, die laut Gesetzgeber bis spätestens 31. Dezember 2023 beschlossen sein soll. Insbesondere hoffe sie auf eine „adäquate Finanzierung“ von Spezialambulanzen.

„Der heutige Runde Tisch Long-COVID von Bundesminister Karl Lauterbach setzt ein wichtiges Zeichen, um Long- und Post-COVID-Erkrankte ernst zu nehmen und schnellen Hilfsmöglichkeiten für Betroffene zu erör­tern“, kommentierte der Patientenbeauftragte der Bundesregierung Stefan Schwartze das Treffen.

Auch weiterhin seien finanzielle Mittel für eine bessere Grundlagen- und Versorgungsforschung dringend not­wendig. „Beispielsweise mit Mitteln zur Folgefinanzierung der Nationalen Klinischen Studiengruppe.“ Das Kon­zept dazu liege bereits beim Bundesforschungsministerium (BMBF) zur Entscheidung.

Auch die Unionsfraktion im Bundestag begrüßte das Treffen. Es sei wichtig, dass Lauterbach jetzt das Ge­spräch mit allen Beteiligten suche, erklärte deren gesundheitspolitischer Sprecher, Tino Sorge (CDU). Er be­zeichnete den Runden Tisch als „richtiges, aber spätes Signal“.

Patientenschützer hatten vor dem Treffen ihre Forderung nach einem Hilfe-Fonds für Betroffene bekräftigt. „Die Bundesregierung ist aufgefordert, einen Post-COVID-Fonds aufzulegen“, sagte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Die notwendigen Mittel dieses Milliardenprogramms könnten nur aus zusätzlichen Steuermitteln bezahlt werden, betonte er.

Den Fokus auf einen rücksichtsvollen Umgang mit erkrankten Beschäftigten legte der Deutsche Gewerk­schafts­bund (DGB). Die Arbeitgeber seien gefordert, die Situation ernst zu nehmen und für die Betroffenen Wege für eine gelingende berufliche Wiedereingliederung zu eröffnen, erklärte DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel. Dafür brauche es „neben maßgeschneiderten Lösungen vor allem Zeit für eine behutsame Heranführung an die Arbeitsbelastung“. © aha/afp/aerzteblatt.de

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