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Politik

Ampelhalbzeit: Zwischenbilanz positiver als Stimmung

Donnerstag, 14. September 2023

/bluedesign, stock.adobe.com

Berlin – Die Halbzeitbilanz der Regierungskoalition von SPD, Grünen und FDP liest sich offenbar gar nicht so schlecht, wie die allgemeine Stimmung in der Bevölkerung vermuten lässt: Laut einer Studie der Universität Trier gemeinsam mit der Bertelsmann Stiftung, wurde bereits knapp zwei Drittel (64 Prozent) des Koalitions­vertrages der ersten Ampelregierung auf Bundesebene umgesetzt (38 Prozent) oder mit der Umsetzung be­gonnen (26 Prozent).

Auch das Deutsche Ärzteblatt hat in der aktuellen Printausgabe eine Halbzeitbilanz der gesundheitspoliti­schen Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag erstellt: Dabei hat die Redaktion 47 angekündigte Vorhaben iden­ti­fiziert und überprüft, ob die Pläne bereits umgesetzt sind, ob es ein laufendes Gesetzgebungsverfahren sowie andere Aktivitäten dazu gibt oder ob für ein Projekt noch gar keine weiteren öffentlich-bekannten Initiativen gestartet wurden.

Das Ergebnis liest sich ähnlich wie in der Studie der Uni Trier: Insgesamt elf Vorhaben – darunter kurzfristige Hilfen für Kliniken, Arzneimittelversorgung oder Vorhaben in der Pflegepolitik – wurden bereits umgesetzt.

Bei 20 Vorhaben gibt es derzeit Diskussionen, Planungen oder auch schon Gesetzesentwürfe. Dazu zählen zum Beispiel die geplanten Gesetze zur Digitalisierung des Gesundheitswesens, die Entbudgetierung einiger Arzt­gruppen, die Krankenhausreform oder auch die Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch.

Bei 16 Projekten, Gesetzen und Vorhaben konnte die Redaktion bislang keine Initiativen der Regierung fest­stellen. Dazu zählen die sektorenübergreifende Versorgungsplanung, die psychotherapeutische Versorgung oder die Pläne zu einem Bundesinstitut für öffentliche Gesundheit.

Die Uni Trier hat sich für die Studie alle Politikbereiche angesehen: Laut der Erhebung wurden 453 Koalitions­versprechen identifiziert, von denen 174 bereits voll oder teilweise erfüllt (38 Prozent) sind, zum Beispiel das Klimaschutzsofortprogramm, erklärt die Autorin Theres Matthieß, Juniorprofessorin an der Universität Trier und wissenschaftliche Leiterin der Studie.

Regierungspolitik: Durchwachsene Halbzeitbilanz

Zum Start der zweiten Halbzeit der Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP lohnt sich ein Blick in den Koalitionsvertrag von vor zwei Jahren: Was ist umgesetzt, was wird bearbeitet, was fehlt? Die Redaktion hat sich die Passagen zur Gesundheits- und Pflegepolitik genau angesehen. Am Anfang standen Euphorie und viele große Hoffnungen: Die erste Ampelkoalition auf Bundesebene hat sich im November [...]

„Darüber hinaus befinden sich weitere 55 Vorhaben (zwölf Prozent) im Prozess ihrer Erfüllung, etwa das Ver­sprechen für effizientere Gerichtsverfahren, das die Online-Durchführung von Verhandlungen ermöglichen soll“, heißt es weiter. Weitere 62 (14 Prozent) wurden substanziell angegangen, ihre Erfüllungsgrad ist aber noch nicht absehbar, schreiben die Studienautoren.

Dazu gehört beispielsweise die Einführung eines Gesetzes gegen digitale Gewalt. Insgesamt 162 Versprechen (36 Prozent), wie die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz, wurden bislang nicht erfüllt oder noch nicht angegangen.

„Im Vergleich zur Halbzeitbilanz ihrer Vorgängerregierung hat die Ampel mit 38 statt 53 Prozent bereits erfüll­ter Versprechen damit anteilig zwar weniger, aber mit 174 statt 154 erfüllten Versprechen in absoluten Zahlen gerechnet, sogar etwas mehr geschafft. Das gilt für die großen Reformprojekte der Regierung ebenso wie für die eher kleineren Regierungsvorhaben“, sagte Robert Vehrkamp, Demokratieexperte der Bertelsmann Stiftung.

„Eine insgesamt sehr vielversprechende Halbzeitbilanz, die aber überschattet und geprägt ist von öffentlich inszeniertem Koalitionsstreit und vielen offenen Baustellen“, fasst Vehrkamp die Ergebnisse zusammen.

„Vielversprechend ist außerdem, dass sich eine große Anzahl an Versprechen im Prozess der Umsetzung befin­det oder zumindest angegangen ist. Das lässt auf eine interessante Endbilanz hoffen“, ergänzte Matthieß, von der Uni Trier.

Im Kontrast zum Ambitionsniveau und Umsetzungsstand ihres Koalitionsvertrages steht die öffentliche Wahr­nehmung der Ampel-Regierung als „Streitkoalition“ dar: Nur noch zwölf Prozent aller Menschen in Deutsch­land meinen, dass von den vereinbarten Koalitionsversprechen „alle, fast alle oder ein großer Teil“ umgesetzt werden.

Das fand eine repräsentative Befragung heraus, die das Institut für Demoskopie in Allensbach für die Studie im Auftrag der Bertelsmann Stiftung durchgeführt hat. 43 Prozent aller Befragten gehen sogar davon aus, es werde nur „ein kleiner Teil oder kaum welche“ umgesetzt.

„Der öffentlich inszenierte Koalitionsstreit führt dazu, dass der tatsächlichen Regierungsleistung und Umset­zungstreue unterschätzt wird. Deshalb braucht die Ampel einen Neustart in ihrer koalitionsinternen Zusamm­enarbeit und Selbstdarstellung“, sagte Wolfgang Schröder vom Progressiven Zentrum, das sich auch an der Erstellung der Studie beteiligt hat. © bee/aerzteblatt.de

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