Ärzteschaft
Streit um Konnektoren: CGM entschuldigt sich und weist Vorwürfe zurück
Montag, 18. September 2023
Berlin – Die Compugroup Medical (CGM) entschuldigt sich bei ihren Kunden für Probleme bei einem Update seiner Konnektoren für die Telematikinfrastruktur (TI). Kritik an einer Vertragsumstellung, die die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) zuvor an das Unternehmen herangetragen hatte, weist es hingegen zurück.
Gleich zweimal hatte sich KBV-Vorstandsmitglied Sibylle Steiner in der vergangenen Woche an Ulrich Thomé gewandt, den geschäftsführenden Direktor der CGM-Sparte für Praxisverwaltungssysteme. Zuvor hatte die KBV zufolge zahlreiche Meldungen über Ausfälle von KoCo-Boxen des Anbieters erhalten.
Demnach war es zu Abstürzen gekommen, nachdem ein von der Gematik vorgeschriebenes Update automatisch durchgeführt wurde. Dieses wiederum sei notwendig gewesen, um eine potenzielle Schwachstelle bei der IT-Sicherheit des Konnektors zu schließen. Dabei sei offenbar der Vorschlag unterbreitet worden, das Problem zu beheben, indem der Konnektor fünfmal ein- und ausgeschaltet wird.
„Als Interessenvertretung der niedergelassenen Vertragsärzte und -psychotherapeuten halten wir diese Berichte für besorgniserregend“, schreibt Steiner in dem Brief, der dem Deutschen Ärzteblatt (DÄ) vorliegt. „So die Berichte zutreffend sind, lösen sie – und das liegt uns vor – nicht nur erneute Skepsis an der TI, sondern auch an der dauerhaften Behebbarkeit dieser Probleme aus.“
CGM räumte die Probleme ein, verwies aber darauf, dass nur ein geringer Anteil der Konnektoren betroffen sei. „Ich versichere Ihnen: Wir arbeiten unter Hochdruck an der Prüfung und Behebung“, antwortete Thomé. „Nach ergriffenen und laufenden Maßnahmen ist derzeit noch für eine niedrige zweistellige Zahl an Praxen die Organisation der technischen Entstörung offen.“
Rund 30 Prozent der betroffenen Konnektoren hätten bereits durch den beschriebenen Workaround wieder in Betrieb genommen werden können. Die restlichen Betroffenen würden von den Technikdienstleistern priorisiert versorgt werden.
Die Gematik empfehle weiterhin, das Update durchzuführen. Aufgrund der gemeldeten sicherheitskritischen Schwachstelle sei das Risiko einer Verschiebung des Update-Rollouts aus ihrer Sicht höher zu bewerten als die auftretenden Probleme bei einer geringen Menge an Konnektoren.
„Für die Unannehmlichkeiten, die in den Praxen durch diese Störung entstanden sind, bitte ich aufrichtig um Entschuldigung“, schreibt Thomé in seiner Antwort. „Wir sind uns darüber im Klaren, welche Bedeutung der Zugang zur Telematikinfrastruktur und die Fachanwendungen inzwischen haben.“
CGM verteidigt Vertragsumstellung
Weniger konziliant zeigt sich der Konzern gegenüber der Kritik an seiner jüngsten Vertragsumstellung. Nach Einführung der TI-Pauschale hatte CGM seinen Kunden die Umwandlung der bisherigen TI-Verträge in ein „CGM TI-Servicepaket plus“ genanntes Modell angeboten – was laut Steiner ebenfalls zu zahlreichen Beschwerden von Vertragsärzten und -psychotherapeuten führte.
Die Vertragsanpassung führe in Praxen mit laufenden CGM-Verträgen zu Mehrkosten von „monatlich mindestens 60 Euro“, ohne dass dem ein besseres Service- und Leistungsspektrum gegenüberstehe, hatte sie daraufhin an CGM geschrieben.
Den Praxen wurde darüber hinaus nur eine 21-tägige Widerspruchsfrist eingeräumt, die zudem in die Haupturlaubszeit vieler Vertragsärzte und -psychotherapeuten gefallen sei. Diese hätten das Widerspruchsrecht deshalb teilweise gar nicht in Anspruch nehmen können, erklärt Steiner in ihrem zweiten Brief, der dem DÄ ebenfalls vorliegt.
Thomé verteidigt die Frist mit der kurzen Zeitspanne zwischen Bekanntwerden der neuen TI-Finanzierung am 28. Juni 2023 und Inkrafttreten am 1. Juli 2023. Außerdem sei Kunden, die die Widerspruchsregelung aufgrund von Urlaub oder Krankheit nicht einhalten konnten, „selbstverständlich eine Fristverlängerung gewährt“ worden.
Auch den Vorwurf, dass der Preissteigerung keine entsprechende Leistungsverbesserung gegenüberstehe, weist CGM zurück. Zwar erhöhe sich die monatliche Gebühr pro Praxis um 68,73 Euro netto. Damit seien nun aber auch künftige Einmalaufwendungen abgegolten, die zuvor gesondert zu leisten waren.
„Insofern entspricht dieses Preismodell auch der grundlegenden Anpassung der TI-Förderung: Keine einmalige Förderung, sondern ein monatlicher Förderbetrag – keine einmalige Aufwendung, sondern eine monatliche Gebühr“, schreibt Thomé.
Außerdem sei das Leistungsspektrum durchaus erweitert worden, unter anderem durch einen Ausbau des Supports, der ab dem kommenden Jahr an sieben Tagen in der Woche rund um die Uhr zur Verfügung stehen werde, sowie eine freiwillige Umstellung auf die Rechenzentrumslösung von CGM, bei der kein physischer Konnektor mehr in der Praxis steht.
Zusatzkosten trotz Pauschale
Mit dem Paket reagiere CGM „auf den vielfach geäußerten Kundenwunsch nach Einfachheit und Kostensicherheit bei der Preisstruktur“. Allerdings, so hatte Steiner CGM vorgeworfen, fallen auch bei dem neuen Servicepaket durchaus neue Kosten an: So habe das Unternehmen seine Kunden darauf hingewiesen, welche weitere TI-Anwendungen nach den Festlegungen des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) noch angeschafft werden müssen, um eine Kürzung der Pauschale zu vermeiden.
Es erschließe sich der KBV nicht, dass das Servicepaket diese Leistungen nicht umfasst und dafür zusätzliche Kosten anfallen könnten. Die für die Anbindung an die TI anfallenden Kosten innerhalb des Servicepakets seien in Kombination mit den Kosten für die Bereitstellung aller notwendigen Module für die TI-Funktionalitäten „kumuliert deutlich höher als die vom BMG festgelegte TI-Pauschale“.
Thomé verweist demgegenüber darauf, dass „ein signifikanter Teil“ der CGM-Kunden kein Primärsystem von CGM nutze. „Auch aus diesem Grunde haben wir uns bewusst dagegen entschieden, die CGM-Softwaremodule für TI-Anwendungen in das CGM TI-Servicepaket plus zu integrieren“, erklärte er. „Damit hat jeder unserer Kunden die Flexibilität, seine Praxis mit der für ihn idealen Ausstattung aus unserem modularen Angebot auszurüsten.“
Auf diese Weise werde CGM „der hohen Bandbreite von Profilen innerhalb unserer Kundenbasis (…) gerecht“. Auf den Vorwurf, dass der Preis dann oberhalb der TI-Pauschale liege, ging er dabei nicht ein.
Bei der Anwendung „Kommunikation im Medizinwesen“ (KIM) hingegen können sich Kunden laut Steiner nicht aussuchen, ob sie das Modul haben wollen oder nicht. So habe die KBV Beschwerden erhalten, weil es bei der Vertragsumstellung nicht möglich sei, die von CGM automatisch zur Verfügung gestellte KIM-Adresse nicht zu nutzen und im Gegenzug weniger bezahlen zu müssen.
Ebenjene Ärzte und Psychotherapeuten, die bereits von einem Drittanbieter eine KIM-Adresse erhalten haben, müssten dann „für eine in diesem Umfang nicht benötigte Leistung doppelt bezahlen“, kritisierte sie in ihrem Schreiben. Die Kunden würden dann zur Vermeidung überflüssiger Zusatzkosten die „Zwangs-KIM-Adresse“ von CGM nutzen. „Die vom Gesetzgeber ausdrücklich gewünschte Interoperabilität der Anwendungen verhindern Sie faktisch durch diesen Zwang.“
Thomé wies das zurück. KIM sei nicht Teil des Servicepakets, der Dienst werde nicht automatisch zur Verfügung gestellt, sondern müsse ebenfalls separat bei CGM beauftragt werden: „Wir ermöglichen den Ärztinnen und Ärzten die gewünschte Flexibilität bei der Auswahl ihres KIM-Anbieters.“ © lau/aerzteblatt.de

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