Vermischtes
Fachleute mahnen Bewusstsein für Risiken des Cannabiskonsums an
Montag, 18. September 2023
Berlin – Nach Alkohol ist Cannabis inzwischen der häufigste Anlass für eine Suchtbehandlung in Deutschland. Das berichtete Eva Hoch, Leiterin der Forschungsgruppe Cannabis am Institut für Therapieforschung, heute bei einer Pressekonferenz anlässlich des Deutschen Suchtkongresses.
„Cannabis ist die mit Abstand am weitesten verbreitete, noch illegale Substanz in Deutschland. Die Hälfte aller jungen Erwachsenen hat schon einmal gekifft und der Konsum nimmt zu“, sagte Hoch.
Sie betonte, die Zahl der Suchtbehandlungen habe sich in den vergangenen 20 Jahren vervierfacht und liege jetzt vor den Opiaten. „Es ist wichtig, dass wir ein Bewusstsein für die Risiken schaffen. Gerade jetzt, wenn Cannabis für Erwachsene legalisiert werden soll“, sagte Hoch.
Der vom Bundeskabinett bereits auf den Weg gebrachte Gesetzentwurf sieht vor, Cannabis im Betäubungsmittelgesetz von der Liste der verbotenen Substanzen zu streichen. Für Volljährige soll der Besitz von 25 Gramm erlaubt werden. Privat sollen maximal drei Pflanzen angebaut werden dürfen.
In Cannabisclubs sollen Vereinsmitglieder die Droge gemeinschaftlich anbauen und gegenseitig abgeben dürfen – pro Monat höchstens 50 Gramm pro Mitglied. Bei 18- bis 21-Jährigen sollen es bis zu 30 Gramm im Monat mit einem maximalen Gehalt von zehn Prozent an Tetrahydrocannabinol (THC) sein dürfen, das ist der Stoff mit der Rauschwirkung. Inkrafttreten sollen die Regelungen Anfang 2024.
Der Drogenbeauftragte der Bundesregierung Burkhardt Blienert (SPD) hatte in einem Grußwort zum Kongress betont, dass er „froh“ sei, dass sich die Bundesregierung und der Bundestag auf den Weg gemacht hätten, einen Paradigmenwechsel einzuleiten.
Der erste Gesetzentwurf zur kontrollierten Abgabe von Cannabis sei zwar „nicht die Lösung“, aber er sei „ein guter Einstieg in eine Cannabispolitik, die die Aufklärung und die Schadensreduzierung in den Vordergrund“ stelle.
Blienert betonte darüber hinaus, dass zu einem Paradigmenwechsel der Drogenpolitik auch klare Bekenntnisse zur Suchtforschung gehörten. Es gebe einen permanenten und vielfältigen Forschungsbedarf, etwa weil sich Suchtmuster änderten und neue Therapien notwendig würden.
Der Kongress befasst sich außer mit Cannabis auch noch mit einer Reihe weiterer Suchterkrankungen. Falk Kiefer, Zentralinstitut für seelische Gesundheit in Mannheim, erklärte, dass riskanter Alkoholkonsum bei Frauen zugenommen habe. Nach Angaben des Instituts für Therapieforschung (IFT) erfolgen 48,4 Prozent der Betreuungszugänge in der ambulanten Suchthilfe aufgrund von alkoholbezogenen Störungen.
In Bezug auf Verhaltenssüchte berichtete Gallus Bischof, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Universität Lübeck, dass während der Coronapandemie nicht nur die allgemeine Internetnutzung gestiegen sei, sondern auch internetbezogene Probleme zugenommen haben.
„Gleichzeitig wurden Angebote temporär eingeschränkt, was für die Betroffenen und deren soziales Umfeld höchstbelastend war“, sagte Bischof. Zur Verringerung des durch Abhängigkeitserkrankungen verursachten Leids sei es erforderlich, bedarfsgerechte Angebote nachhaltig zu refinanzieren und vorzuhalten, forderte er.
Esther Neumeier, Leiterin der Deutschen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht, wies auf die aktuelle Verbreitung der Droge Crack in offenen Drogenszenen in verschiedenen Städten hin.
Hier müssten Wege für die Drogenhilfe gefunden werden, damit umzugehen. Eine Herausforderung seien auch die steigenden Drogentodeszahlen, entsprechend müssten Möglichkeiten zur Verhinderung des Drogentods gefunden werden. © PB/dpa/EB/aerzteblatt.de

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