Politik
Koalition einigt sich über Gesundheitsreform – Fonds kommt erst 2009
Donnerstag, 5. Oktober 2006
Berlin - Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) hat die Einigung der Koalitionsspitzen über die Ausgestaltung der Gesundheitsreform begrüßt. Damit sei der Weg in eine zukunftssichere Gesundheitsversorgung für alle Bürgerinnen und Bürger geebnet, sagte die Ministerin am Donnerstag in Berlin. Mit der Gesundheitsreform werde erstmals nicht auf Leistungsausgrenzungen und erhöhte Zuzahlungen für die Versicherten gesetzt, sondern Leistungen würden ausgeweitet.
Zuvor hatten sich die Koalitionsspitzen unter Leitung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in einer siebenstündigen Sitzung darauf verständigt, den Start des Gesundheitsfonds auf den 1. Januar 2009 zu verschieben. Für künftige Zusatzbeiträge bleibt es grundsätzlich bei einer Begrenzung auf ein Prozent des Einkommens der Versicherten. Bis zu einer Höhe von acht Euro monatlich soll es jedoch keine Einkommensprüfung geben.
Zeitgleich soll ein Risikostrukturausgleich in Kraft treten, indem für 50 bis 80 schwerwiegende und kostenintensive chronische Krankheiten Morbiditätszuschläge ermittelt werden. Flankiert werden die Neuregelungen von einer neuen Vergütungsordnung für Vertragsärzte, die ebenfalls zum 1. Januar 2009 eingeführt werden soll. Das Risiko zunehmender Behandlungsbedürftigkeit der Patienten werde künftig die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) tragen, heißt es in dem Beschlusspapier der Koalitionäre. Die „schematische Budgetierung“ der ärztlichen Vergütung solle beendet werden. So werde sichergestellt, dass die Krankenkassen den Ärzten für zusätzliche Leistungen, die medizinisch erforderlich sind, zusätzliches Honorar in angemessener Höhe zahlen können.
Bereits zum 1. April 2007 sollen die übrigen Neuregelungen in Kraft treten. Unter anderem zählt hierzu die Umgestaltung der Privaten Krankenversicherung (PKV). Diese soll künftig ihren Versicherten sowie freiwillig gesetzlich Versicherten einen so genannten Basistarif anbieten müssen, der ein der GKV vergleichbares Leistungsangebot enthält. Beim Basistarif sollen sich die Prämien nur aufgrund des Alters und des Geschlechts unterscheiden dürfen. Risikozuschläge sind demnach nicht möglich. Darüber hinaus sollen Versicherte in Zukunft leichter zwischen den Versicherungsunternehmen wechseln können. Das Beschlusspapier der Regierung sieht zudem vor, Alterungsrückstellungen bei einem Versicherungswechsel im Umfang des Basistarifs anrechnungsfähig zu gestalten.
„Insgesamt halte ich es für ein vertretbares und gutes Ergebnis“, sagte Merkel. Alle Seiten hätten sich bewegt, auch wenn dies nicht leicht gefallen sei. Die Kanzlerin sprach von einer weitreichenden Reform, die darauf abziele, die Qualität der Versorgung zu verbessern sowie Wirtschaftlichkeit, Wettbewerb und Transparenz im Gesundheitswesen zu stärken.
SPD-Chef Kurt Beck betonte, die Gesundheitsreform sei nun „endgültig in politische Entscheidungen gegossen“ und falle deutlich besser aus als vielfach öffentlich dargestellt. Es gelte weiterhin das Solidarprinzip.
Der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber verwies auf eine „Länderklausel“, wonach etwaige Mehrbelastungen für die Kassen „reicher“ Länder im Zuge der Reform nicht auf einen Schlag, sondern in Schritten von je 100 Millionen Euro jährlich wirksam werden. Beck schränkte jedoch ein, dass diese Klausel vermutlich nicht zum Tragen komme, weil nach Erhebungen des Bundesversicherungsamtes kein Land mit mehr als 56 Millionen Euro zusätzlich belastet werde.
Merkel sagte, der Gesetzgebungsprozess könne nun „in seine Endphase eintreten“. Wie aus Regierungskreisen verlautet wurde, soll die Reform bereits am 25. Oktober vom Bundeskabinett verabschiedet werden. Mit Widerstand der unionsgeführten Bundesländer, die bislang scharfe Kritik an den Reformeckpunkten geübt hatten, rechnet Merkel nicht. Der Kompromiss sei bereits „im Lichte der Wünsche der einzelnen Länder“ gefallen, unterstrich die CDU-Chefin. © SR/ddp/aerzteblatt.de
