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Medizin

Herzinsuffizienz: Fraglicher Nutzen einer Ozon-/Eigen­blut-Therapie

Montag, 21. Januar 2008

Houston – Eine nichtspezifische Immunmodulationstherapie (IMT) hat in einer großen randomisierten kontrollierten Studie im Lancet (2008; 371:228-236) die in sie gesetzten Erwartungen insgesamt nicht erfüllt. Das Fortschreiten der Erkrankung konnte nicht aufgehalten werden, außer vielleicht in zwei Untergruppen mit Patienten ohne Herzinfarkt in der Vorgeschichte und solche mit milden Symptomen.

Die Eigenblutbehandlung ist eigentlich ein Verfahren der Alternativmedizin, das von der Schulmedizin seit langem streng abgelehnt wird. Bei dieser Therapie wird den Patienten Blut entnommen. Das Blut wird außerhalb des Körpers, beispielsweise durch Zusetzung von Ozon, behandelt und danach dem Patienten wieder injiziert oder infundiert.

Alternativmediziner glauben, dass ein Fremdkörperreiz des Blutes das Abwehrsystem des Patienten stärkt. Indikationen sind chronische Infektionen Allergien, Asthma und rheumatische Erkrankungen. Die Befürworter der modernen, nicht spezifischen Immunmodulation erhoffen sich eher eine abschwächende Wirkung auf das Immunsystem. Als Einsatzgebiet sehen sie die chronische Herzinsuffizienz, die mit einer Aktivierung des Immunsystems einhergeht.

Es kommt zur Bildung von entzündungsfördernden Zytokinen und kardialen Autoantikörpern, die, wie Tierexperimente zeigen, eine schädigende Wirkung auf den Herzmuskel haben. Dem sollte in der „Advanced Chronic Heart Failure CLinical Assessment of Immune Modulation Therapy“ oder ACCLAIM-Studie durch eine ex-vivo-Behandlung des Blutes mit Ozon entgegengewirkt werden.

Die IMT bestand auf der Entnahme von 10 ml venösem Blut, das mit Natriumzitrat ungerinnbar gemacht wurde, um es danach in einem speziellen Gerät 20 Minuten lang bei einer Temperatur von 42,5° C mit einem Sauerstoff/Ozon-Gemisch zu behandeln. Danach wurde das Blut dem Patienten als Eigenblut in den intragluteal injiziert.

An der randomisierten kontrollierten Studie beteiligten sich an 177 Zentren in sieben Ländern (darunter für Deutschland: Charité und Kardiologische Gemeinschaftspraxis Frankfurt) 2.426 Patienten. Alle Patienten hatten eine chronische Herzinsuffizienz vom Schweregrad II-IV nach der Einteilung der New York Heart Association (NYHA), ihre linksventrikuläre Ejektionsfraktion war auf unter 30 Prozent abgefallen und sie waren nach einer Hospitalisierung medikamentös optimal eingestellt. 

Im Rahmen der ACCLAIM-Studie erhielt nun die Hälfte der Patienten eine IMT. Bei den anderen Patienten wurde die venöse Blutprobe verworfen und eine (nicht ozonbehandelte) Kochsalzlösung in den Gesäßmuskel injiziert. Nach drei Behandlungen innerhalb der ersten 14 Tage wurde die Therapie im 4-Wochen-Turnus wiederholt. Primärer Endpunkt der Studie war eine (erneute) Hospitalisierung aus kardiovaskulärer Ursache oder der Tod des Patienten. 

Während der mittleren Nachbeobachtungsphase von 10,2 Monaten gab es 399 primäre Ereignisse in der IMT-Gruppe und 429 in der Placebogruppe, was für die IMT-Gruppe eine Risikoverringerung von acht Prozent bedeuten würde: Die Hazard Ratio von 0,92 war aber bei einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von 0,80 bis 1,05 nicht signifikant (p=0,22), weshalb ein Zufall nicht ausgeschlossen werden kann. Auch in einer längeren Reihe von sekundären Endpunkten wurde niemals ein signifikanter Nutzen erkennbar.

Einzig in zwei prädefinierten Subgruppen zeichnete sich ein Vorteil ab. Bei Patienten ohne einen Herzinfarkt in der Vorgeschichte wurde die Häufigkeit des primären Endpunktes um 26 Prozent gesenkt (Hazard Ratio 0,74; 0,57-0,95). Bei Patienten mit einer NYHA-II-Herzinsuffizienz wurde hier eine Reduktion um 39 Prozent (Hazard Ratio 0,61; 0,46-0,80) erzielt. Die Überlebenskurven in Abb. 4 der Publikation zeigt jedoch, dass die MIT allenfalls eine aufschiebende Wirkung erzielt. Nach etwa 2 Jahren überkreuzen sich die Überlebenskurven von IMT und Placebo.

Die Gruppe um Guillermo Torre-Amione vom Methodist Hospital in Houston/Texas betrachtet die Ergebnisse dennoch als einen Erfolg. „Unsere Ergebnisse legen nahe, dass die nichtspezifische Immunmodulation für einen großen Anteil der an Herzinsuffizienz erkrankten Bevölkerung als Behandlung eine Rolle spielen könnte – darunter auch Patienten ohne Vorgeschichte eines Myokardinfarkts und jene aus der NYHA-II-Klassifizierung.“

Torre-Amione gesteht allerdings ein, dass die Ergebnisse noch in weiteren Studien bestätigt werden müssen. Die Editorialisten Karen Sliwa, Johannesburg, und Aftab Ansari, Atlanta, weisen auf potenzielle Risiken hin (Lancet 2007; 371: 184-186). Sie befürchten, dass die wiederholte Exposition mit abgestorbenen Blutzellen langfristig zu Autoimmun-Reaktionen führen könnte. © rme/aerzteblatt.de

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