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Medizin

Meta-Analyse: Medikamente wirken nur bei schweren Depressionen

Mittwoch, 6. Januar 2010

Philadelphia – Die Wirkung von Antidepressiva hängt vom Schweregrad der Depression ab. Signifikant besser als ein Placebo wirkten ein Serotonin-Wiederaufnahmehemmer oder ein trizyklisches Antidepressivum in einer Meta-Analyse im US-amerikanischen Ärzteblatt (JAMA 2010; 303: 47-53) nur bei schweren Depressionen.

Nach einer Umfrage haben in den USA 71 Prozent der hilfesuchenden Patienten mit Depressionen einen Schweregrad von weniger als 22 auf der Hamilton Rating Scale for Depression (HDRS). Den meisten dürften die Psychiater ein Antidepressivum verschreiben.

Ein Placebo würde bei den meisten die gleiche Wirkung erzielen, wenn die Ergebnisse der Meta-Analyse von Jay Fournier von der Universität von Pennsylvania in Philadelphia zutreffen. Der Psychologe hat die Ergebnisse zu sechs randomisierten klinischen Studien mit 718 Patienten zusammengefasst. Dort war die Wirkung von Paroxetin oder von Imipramin mit Placebo verglichen worden.

Die Studien wurden nicht wegen der Wirkstoffe ausgesucht, sondern weil sie Patienten mit sehr großen Unterschieden im Schweregrad der Depression aufgenommen hatten. Ziel der Untersuchung war, den Einfluss des Ausgangs-HDRS auf die Wirkung zu untersuchen.

Wie erwartet stieg die Wirkung bei den beiden Wirkstoffen mit dem Schweregrad der Erkrankung: Je schlimmer die Depression, desto besser die Wirkung. Dies war allerdings auch unter Placebo der Fall. Nur verlief die (Symptom-Wirksamkeits)-Kurve beim Scheinmedikament flacher als bei den echten Antidepressiva.

Dies bedeutete: Patienten mit einem HDRS von unter 23 vor Therapiebeginn hatten nur einen minimalen Vorteil durch die Medikamente. Die Symptome wurden hier gerade einmal um einen HDRS-Punkt besser als unter Placebo gesenkt.

Eine Verbesserung um mehr als 3 Punkte auf der HDRS – ein vom britischen National Institute for Clinical Excellence aufgestelltes Kriterium – wurde sogar erst ab einem HDRS von 25 oder höher erzielt. Bei einem HDRS von 25 liegt nach Einschätzung der American Psychiatric Association jedoch bereits eine sehr schwere Major-Depression vor.

Diese hohe Symptomschwelle, ab der eine klinisch relevante Wirkung erzielt wird, ist die eigentliche Überraschung der Studie. Zwei frühere Meta-Analysen waren hier zu einer für die Medikamente günstigeren Einschätzung gekommen.

Dort waren aber Patienten mit geringen Symptomen ausgeschlossen worden. Auf diese Gruppe entfällt jedoch in der Praxis, zumindest in den USA, ein Großteil der Verordnungen.

© rme/aerzteblatt.de

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