Medizin
Antidepressiva als Katarakt-Risiko
Dienstag, 9. März 2010
Vancouver – Die Verordnung von Antidepressiva aus der Gruppe der selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) war in einer Fall-Kontrollstudie in Ophthalmology (2010; doi: 10.1016/j.ophtha.2009.11.042) mit häufigeren Kataraktoperationen assoziiert.
Wie immer bei Untersuchungen dieser Art ist eine Kausalität nicht belegt, und ein wesentlicher Einwand könnte darin bestehen, dass Mahyar Etminan vom Vancouver Coastal Health Research Institute keine Informationen über die Rauchgewohnheiten der Fälle (18.708 Kanadiern, die sich am Grauen Star operieren ließen) und der Kontrollen (187.840 Kanadier gleichen Alters und Geschlechts, aber ohne Katarakt-Op) einholen konnte.
Rauchen ist ein etablierter Risikofaktor für die Katarakt, und eine Verzerrung könnte das ungewöhnliche Ergebnis klären, zumal bekannt ist, dass Menschen mit Depressionen häufiger rauchen als andere. Denkbar ist auch eine Reverse Kausalität, nach welcher Menschen mit Grauem Star aufgrund ihrer Sehstörungen eher zu Depressionen neigen. Zu diesem Ergebnis kam tatsächlich jüngst eine Studie aus Kanada (Can J Ophthalmol 2009; 44: 171-6).
Das alles kann aber nicht erklären, warum die Assoziation mit der Katarakt für einzelne SSRI unterschiedlich stark ausfiel: Für Fluvoxamin ermittelt Etminan ein relatives Risiko von 1,39. Bei Venlafaxin waren es 1,33, bei Paroxetin 1,23. Die Einnahme von Fluoxetin, Citalopram oder Sertralin war nicht signifikant mit einer Katarakt-Operation assoziiert.
Für eine Kausalität spricht ferner, dass das Risiko von der Dauer der Therapie abhängig war. Im Durchschnitt erfolgte die Operation zwei Jahre nach der ersten Verordnung. Tierexperimentelle Ergebnisse hätten ebenfalls auf die mögliche Induktion einer Linsentrübung durch SSRI hingewiesen, berichten die Autoren.
Sie sehen indes in der Assoziation keinen Grund zum Verzicht auf eine Therapie der Depression, zumal die Katarakt heute gut behandelt werden kann. In Nordamerika würden sich jedes Jahr 1,5 Millionen Menschen einer solchen Operation unterziehen. © rme/aerzteblatt.de

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