Medizin
Schweizer Chirurgen wollen länger arbeiten
Dienstag, 22. Juni 2010
Basel – Schweizer Chirurgen sind mit der 50-Stunden-Woche unzufrieden. Laut einer Umfrage in den Archives of Surgery (2010; 145: 558-563) möchten nicht nur die Chefärzte, dass die Assistenzärzte länger arbeiten. Auch der Nachwuchs befürchtet, dass die Arbeitszeitverkürzung negative Auswirkungen für die eigene Weiterbildung und auch für die Patientenversorgung habe.
Die Sorge um die Patientensicherheit gehörte zu den Beweggründen für die neuen Regelungen, die in der Schweiz im Januar 2005 in Kraft traten. Seither ist die Arbeitszeit auf 14 Stunden am Tag und 50 Stunden in der Woche beschränkt. Zwischen den Diensten müssen 11 oder mehr Stunden Freizeit liegen.
Damit sind viele Chirurgen in der Schweiz unzufrieden. Nicht dass sie ihre Kollegen in der Verwaltung um deren 40-Stunden-Woche beneiden würden. Auch die Sorge um die Patientensicherheit stößt auf Unverständnis, wie die Umfrage zeigt, die Daniel Oertli, Leiter der Allgemeinchirurgie am Universitätsspital Basel im Folgejahr durchgeführt hat.
Die Leiter aller 93 chirurgischen Abteilungen des Landes wurden angeschrieben. Etwa zwei von drei waren einverstanden und verteilten die Fragebögen, die von 68 Prozent der Ärzte zurückgeschickt wurden, was für ein repräsentatives Stimmungsbild ausreichen mag.
Es zeigte sich, dass die Befürchtungen der (nicht von den Regelungen betroffenen) leitenden Ärzte am größten waren, doch auch die Mehrheit der Assistenzärzte fürchtete negative Auswirkungen, wenn ihre Arbeitszeit, die trotz der gesetzlichen Regelung im Durchschnitt noch 55 Stunden in in der Woche betrug, verkürzt wird.
63 Prozent meinten, dass dies ihre chirurgische Ausbildung beeinträchtigen könne (77 Prozent unter den leitenden Ärzten). Als Gründe wurden die Einschränkungen der Operationszeiten (77 Prozent der Assistenzärzte, 73 Prozent der leitenden Ärzte) und der Erfahrungen im Operieren (74 und 85 Prozent) genannt. Immerhin 43 Prozent der Assistenzärzte und 70 Prozent der leitenden Ärzte vertraten die Ansicht, dass sich die Verkürzung negativ auf die Patientenversorgung auswirke.
Die Bedenken der Öffentlichkeit und teilweise auch die Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen, wonach übermüdete Ärzte häufiger Fehler machen, scheinen die Chirurgen nicht zu teilen. Interessanterweise waren nur 59 Prozent der Assistenzärzte der Ansicht, dass die Arbeitszeitverkürzung ihre Lebensqualität verbessere, während dies 82 Prozent ihrer Ausbilder vermuteten.
© rme/aerzteblatt.de

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