Medizin
Asthma: Gendefekt führt zur Kortisonresistenz
Dienstag, 27. September 2011
Boston – US-Forscher haben eine Genvariante entdeckt, die die Wirkung inhalativer Steroide in der Asthmatherapie herabsetzt. Die Variante ist laut der Studie im New England Journal of Medicine (2011; doi: 10.1056/NEJMoa0911353) in der Bevölkerung mit weißer Hautfarbe weit verbreitet. Die klinische Bedeutung dürfte allerdings begrenzt sein.
Inhalative Steroide bilden eine Basis der Asthmatherapie. Die klinische Erfahrung zeigt jedoch, dass nicht alle Patienten auf die Behandlung ansprechen. Der Anteil der Patienten mit einer Kortisonresistenz reicht bis zu 40 Prozent. Bei ihnen kommt es unter der Therapie nicht oder nur zu einem unbefriedigenden Anstieg der Einsekundenkapazität (FEV1) in der Lungenfunktionsprüfung.
Die Beobachtung, dass diese Kortisonresistenz familiär gehäuft auftritt, hat das US-National Heart, Lung and Blood Institute zu einer genomweiten Assoziationsstudie (GWAS) veranlasst. Als Ausgangsmaterial diente das Childhood Asthma Management Program. Die Studie hatte seinerzeit die Wirkung verschiedener inhalativer Steroide bei Kindern untersucht und dabei häufige Lungenfunktionstests durchgeführt.
Kelan Tantisira von der Harvard Medical School in Boston und Mitarbeiter konnten bei 422 Teilnehmern der Studie sowie bei beiden Elternpaaren einen Genvergleich durchführen und die Ergebnisse mit den Lungenfunktionstests der Patienten in Beziehung setzen.
Dabei stießen sie auf eine Variante im GLCCI1-Gen („glucocorticoid-induced transcript 1“), die mit einer verminderten Reaktion des FEV1 auf die Steroidtherapie einherging. Die Ergebnisse konnten in vier Kohorten verifiziert werden, so dass sie – zumindest für die untersuchte Gruppe von weißen US-Amerikanern europäischer Herkunft – als repräsentativ gelten können.
Laborversuche an isolierten Zellen zeigten, dass die Variante rs37972 (und eine korrelierende Variante rs37973) die Expression des GLCCI1-Gens herabsetzt, so dass die Assoziation eine biologisch kausale Basis hat und nicht nur ein Marker in der Nähe des verantwortlichen Gens ist.
Die Variante ist zudem häufig. Etwa 40 Prozent der weißen Bevölkerung sind heterozygot, 16 Prozent homozygot auf das Merkmal. Bei diesen homozygoten Trägern verbesserten sich die FEV1-Werte unter der Steroidtherapie im Durchschnitt nur um 3,2 Prozentpunkte gegenüber einem Anstieg um 9,4 Prozentpunkte bei Personen, die homozygot auf den Wildtyp waren. Die homozygoten Merkmalsträger hatten 3,2-fach häufiger einen verminderten Anstieg der FEV1 und das Risiko einer klinischen Resistenz war 2,36-fach erhöht.
Die Auswirkungen auf den FEV1 sind nach Einschätzung des NEJM-Schriftleiters Jeffrey Drazen von der Harvard Medical School „nennenswert, aber nicht überwältigend“. Tatsächlich erklären sie den Autoren zufolge nur 6,6 Prozent der Variabilität im Ansprechen auf die inhalative Steroidtherapie. Ein Gentest erscheint deshalb nicht sinnvoll, zumal eine Resistenz auch ohne Gentest jederzeit durch eine Lungenfunktion objektiviert werden kann.
Die Studie liefert deshalb eher eine biologische Erklärung, als dass sie von klinischem Nutzen ist. Dass die Asthmatherapie jedoch in Zukunft stärker personalisiert werden dürfte, zeigen die Erfahrungen mit dem monoklonale Antikörper Lebrikizumab, der sich derzeit in der klinischen Entwicklung befindet.
In einer klinischen Studie an Patienten mit einer Steroidresistenz konnte Lebrikizumab, der den Entzündungsmediator Interleukin-13 hemmt, die FEV1 um 8,2 Prozentpunkte steigern (NEJM 2011; 365:1088-98). Eine Wirkung war allerdings nur bei jenen Patienten vorhanden, bei denen eine hohe Serumkonzentration von Periostin anzeigte, dass eine erhöhte Interleukin-13-Produktion tatsächlich an der Pathogenese der Asthmaerkrankung beteiligt war.
© rme/aerzteblatt.de

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