Politik
Privatversicherer widersprechen Bericht über Mitgliederschwund
Montag, 9. Januar 2012
Hamburg/Bielefeld – Der Verband der privaten Krankenversicherungen (PKV) hat einen Medienbericht über einen Mitgliederschwund bei den privaten Kassen zurückgewiesen. „Tatsache ist, dass jedes Jahr weitaus mehr gesetzlich Versicherte in die private Krankenversicherung wechseln als umgekehrt“, sagte PKV-Sprecher Stefan Reker den Stuttgarter Nachrichten vom Montag. „Wenn die gesetzlichen Krankenversicherungen einen anderen Anschein zu erwecken suchen, ist das unseriös."
Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel berichtet, dass sich vergangenes Jahr bei der Techniker Krankenkasse etwa 68.000 ehemalige Privatpatienten versicherten, beinahe zwölf Prozent mehr als im Jahr zuvor. Die Barmer GEK verzeichnete demnach mit rund 27.600 Versicherten von der privaten Konkurrenz einen Anstieg um neun Prozent. Auch bei der AOK häuften sich dem Nachrichtenmagazin zufolge die Anfragen Wechselwilliger.
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Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) nahm derweil die privaten Kassen wegen der hohen Zahl der Privatpatienten, die in die gesetzliche Versicherung wechseln wollen, in die Pflicht. „Sie schöpfen noch längst nicht alle Möglichkeiten aus, den Versicherten günstigere Tarife anzubieten“, sagte Bahr der Neuen Westfälischen Zeitung vom Montag. Außerdem müsse vermieden werden, Anreize zu schaffen, das Kassensystem zu unterwandern und zur gesetzlichen Kasse zu wechseln.
Die Politik habe bereits Maßnahmen zur Kostensenkung ergriffen, wie zum Beispiel das neue Arzneimittelgesetz, sagte Bahr weiter. Dies senke die Kosten für Medikamente erheblich. „Dadurch ließen sich zwei Milliarden Euro einsparen. Davon profitieren natürlich auch die privaten Kassen“, fügte Bahr hinzu.
Der Gesundheitsökonom Jürgen Wasem sagte den Dortmunder Ruhr Nachrichten vom Montag, die Beiträge sein bei den privaten Kassen langfristig stärker gestiegen als bei den gesetzlichen. Dies sei darauf zurückzuführen, dass die Politik einerseits bei den gesetzlichen Kassen Leistungen gekürzt sowie Selbstbeteiligungen erhöht und andererseits den privaten Kassen einen zehnprozentigen Beitragsaufschlag auferlegt habe.
© dapd/afp/aerzteblatt.de

Beitragssteigerungen durch staatliche Eingriffe
Und W. sieht die Gründe für den seit Jahren erhöhten Beitragsanstieg bei den PKVen vor allem in staatlichen Markteingriffen (siehe obiger Artikel).
Diese Eingriffe fanden alle zu Zeiten von Ulla Schmidt und Herrn Lauterbach statt. Das Prinzip von Herrn Lauterbach und der SPD wird damit klar:
Erst macht man es einer Branche so schwer wie möglich und wenn sie dann unter den Folgen ächzt, kritisiert man die mangelnde Leistungsfähigkeit. Und dann fordert man, sie "zum Wohl der Bürger" abzuschaffen. Das Prinzip nennt man "Dreckschleudern um jeden Preis - irgendetwas wird schon hängenbleiben". Man wir das Gefühl nicht los, dass es mit niedergelassenen Ärzten von Seiten der GKVen ähnlich läuft.
Ich würde es brgrüßen, wenn man die Presse Leute wie Herr Wasem öfter und Leute wie Herr Lauterbach seltener um Ihre Meinung fragen würde. Das würde eine Menge Objektivität in die öffentlichen Diskussionen zum Gesundheitswesen bringen.
Viele Grüße
S.

Korrektur!

Korrekte Angaben zur PKV und @ Dr. Schätzler
Diese Zahlen sind aussagekräftiger als die o.g. Angaben der GKVen, denn dort wurden lediglich angebliche "Anfragen" gezählt und nicht die tatsächlichen Veränderungen.
Aber klappern gehört ja bekanntlich gerade bei TK und Konsorten zum vermeintlichen Handwerk. Man versucht damit, die PKVen "tot zu reden", um Zukunfstängste bei evtl. Wechselwilligen zu schüren. Ein ziemlich perfides Spiel, welches mit dem gesetzlichen Auftrag der GKVen nun rein gar nichts mehr zu tun hat. Es geht den Damen und Herren lediglich um "die Macht im Lande".
@Dr. Schätzler
Die Alterungsrückstellungen der PKVen betragen derzeit 156,99 Mrd. (Zahlenbericht des PKV-Verbandes 6/2011) und nicht bei 12,7 Mrd wie Sie unten angeben. Es war allein der Zufluß, der 2010 bei 12,7 Mrd. (www.Ärztezeitung.de vom 05.12.11) lag. Und der jährliche Zufluß zu den Alterungsrückstellungen ist damit zwischen 2005 und 2010 nicht um 517 Tausend EUR pro Jahr (Ihre Berechnungen) gestiegen, sondern um 516,6 Millionen Euro pro Jahr.
Ein "kleiner" Fehler um drei Zehnerpotenzen.
Viele Grüße
S.

Lautes(r) Pfeifen im finsteren Wald?
http://www.aerztezeitung.de/politik_gesellschaft/gp_specials/jahresendausgabe-2011/article/683930/muss-pkv-ihre-zukunft-bangen.html
ist das jetzige PR-Getöse von PKV-Sprecher Stefan Reker und seinem Verbandsdirektor Volker Leienbach nichts als lautes Pfeifen im finsteren Wald! Und das Hamburger Nachrichtenmagazin 'DER SPIEGEL' (2/2012, S. 71) hat noch nicht mal richtig nachgerechnet. Denn nach PKV-eigenen Angaben lag 2010 die Summe der Beitragseinnahmen bei 33,6 Milliarden Euro. Davon anteilig die
• Kosten für Vertrieb und Verwaltung bei 3,5 Mrd. € (10,42%)
• Kosten für Versicherungsleistungen bei 22,3 Mrd. € (66,37%).
Die Altersrückstellungen sind von 2005 bis 2010 nur um 3,1 auf 12,7 Mrd. € angestiegen, also jährlich um schlappe 517.000 €.
Der Spiegel hatte nichts anderes getan, als den Netto-Mitgliederzuwachs von 7,49 Millionen im Jahr 2000 auf 8,9 Mio. in 2010 als einen Anstieg von Plus 19 % einer Beitragsexplosion im gleichen Zeitraum von 13,71 Milliarden Euro auf 33,6 Mrd. € gegenüberzustellen. Das ist ein Plus von gut 1 4 5 P r o z e n t und nicht 76%, wie der Spiegel irrtümlich annimmt.
Außerdem fehlt kalkulatorisch etwas ganz Entscheidendes:
Die Höhe der zu zahlenden Selbstbeteiligungen der Privatversicherten mit zunehmend erhöhtem Selbstzahler-Anteil und die durch die Beihilfe mitfinanzierten Beamten- und Angestellten Krankenversicherungen im Öffentlichen Dienst, die längst keine Vollversicherungen sind.
Dann würde nämlich klar, was die Spatzen von den Dächern pfeifen: Dass der Mitgliederzuwachs, das Beitragsaufkommen u n d die Altersrückstellungen der angeblich kapitalgedeckten PKV geradezu grotesk disproportional zu den tatsächlichen medizinischen Morbiditäten und demografischen Herausforderungen sind. Kein Wunder, dass die PKV-Prämien im Alter exorbitant ansteigen müssen. Mancher nicht nur im Alter privat Versicherter o h n e Beihilfeberechtigung für die ganze Familie weiß nicht mehr, wie lange er sich die PKV noch wird leisten können? D a v o r hat die PKV Angst, vor massenweise früher gutsituierten Aussteigern.
Private Krankenversicherungen sind nichts Anderes als kapitalgestützte Umlagekassen mit volatilen, nach oben offenen Prämien. Sie tragen kein echtes unternehmerisches Risiko, weil ihre Geschäftspolitik auf die staatliche Genehmigung regelmäßiger Erhöhung der Versicherungsbeiträge durch die BAFin abzielt.
Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

Sinkende Einkommen unberücksichtigt geblieben!
Alle diese Menschen möchten in die GKV zurück, denn die Handicaps, bei (zu) geringem Einkommen in der PKV versichert zu bleiben – besonders in höherem Alter – sind enorm.
Von daher halte ich die genannten Zahlen zu Gunsten des Mitgliederzuflusses zur GKV eher für zustimmend.
Clemens M. Hürten, Rottweil

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