Politik
Kinderschutz: Gemeinden sind gefragt
Dienstag, 24. Januar 2012
Berlin – Die Unicef-Schirmherrin Bettina Wulff und der Vorsitzende von Unicef Deutschland, Jürgen Heraeus, haben heute in Berlin dazu aufgerufen, benachteiligte Kinder zu stärken und Deutschland kindergerechter zu gestalten. Heraeus unterstrich, dass Kindertagesstätten und Schulen dazu einen wichtigen Beitrag leisteten. Bildungspolitik müsse aber durch kluge Arbeits- und Sozialpolitik in den Gemeinden ergänzt werden, sagte der Unicef-Vorsitzende.
Der Berliner Soziologe Hans Bertram ergänzte, man müsse den Blick auf alle Facetten des kindlichen Wohlbefindens richten und kritisierte mit Blick auf zurückliegende intensive Pisa-Diskussionen: „Wir haben zu lange nur auf die Bildungskomponente geguckt.“ Wichtig seien auch gesundheitspolitische Aspekte.
Jennifer Jaque-Rodney, Familienhebammen-Beauftragte des Landes Nordrhein-Westfalen, betonte, sie und ihre Kolleginnen hätten gute Erfahrungen mit der Begleitung von unterstützungsbedürftigen Frauen in der Schwangerschaft und nach der Geburt gemacht: „Wir sind am nächsten an den Frauen.“ Jaque-Rodney, die seit rund 20 Jahren als Hebamme arbeitet, berichtete, dass im Gegensatz zu ihren ersten Berufsjahren heute viel mehr alleinerziehende Mütter zu begleiten seien. Ihnen fehle häufig die Unterstützung und damit auch das Vorbild einer eigenen Herkunftsfamilie.
Wolfram Hartmann, Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, verwies darauf, dass sich auch die Anforderungen an seine Kolleginnen und Kollegen geändert hätten: „Sie sind heute mehr Sozialarbeiter als Mediziner.“ Hartmann kritisierte, das neue Kinderschutzgesetz lege die Zusammenarbeit verschiedener Gesundheits- und Sozialberufe nicht klar genug fest. Zudem sei die Finanzierung sinnvoller Kooperationen nicht geregelt.
Unicef hat vor kurzem einen Bericht zur Lage von Kindern in Deutschland vorgelegt. Darin weist ein Forscherteam um Bertram auf deutliche Unterschiede bei den Teilhabechancen von Kindern hin. Die relative Kinderarmut in den westdeutschen Bundesländern werde zum Beispiel vielfach unterschätzt. © Rie/aerzteblatt.de

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