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Medizin

Computerprogramm spürt unbekannte Neben- und Wechselwirkungen auf

Donnerstag, 15. März 2012

Palo Alto – Bioinformatiker aus Kalifornien haben ein Computerprogramm entwickelt, das den Arzneimittelbehörden helfen könnte, in den UAW-Meldungen die Spreu vom Weizen zu trennen und bisher unbekannte Neben- und Wechselwirkungen aufzuspüren. Ein erster „Treffer“ wird in einer Studie in Science Translational Medicine (2012; 4: 125ra31) vorgestellt.

Es gilt als erwiesen, dass bei der klinischen Prüfung von neuen Wirkstoffen nicht alle Nebenwirkungen erkannt werden. Der Grund sind die idealen Rahmenbedingungen, unter denen diese Studien durchgeführt werden.

Die Hersteller lassen die Wirkstoffe gerne an jüngeren Patienten testen, die nach Möglichkeit keine Begleiterkrankungen haben und die Wirkstoffe nur über eine begrenzte Zeit einnehmen. Nicht selten zeigen sich in den ersten Jahren der klinischen Anwendungen neue Nebenwirkungen.

Da viele ältere multimorbide Patienten mehrere Wirkstoffe gleichzeitig einnehmen, werden auch die Interaktionen oft erst nach der Zulassung entdeckt. Die Arzneibehörden haben deshalb teilweise gemeinsam mit den Ärzteverbänden Meldesysteme für unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) eingerichtet. Die Bewertung der dort eintreffenden Meldungen ist jedoch häufig schwierig, weil viele Nebenwirkungen auch als Symptom von Begleiterkrankungen auftreten können.

Ein Team an der Stanford Universität, das auch die die FDA berät, hat jetzt einen Algorithmus entwickelt, der die Suche nach unbekannten Neben- und Wechselwirkungen erleichtern soll. Das Computerprogramm bildet aufgrund der von den Ärzten in den UAW-Meldungen mitgeteilten Patientendaten wie Alter, Geschlecht oder Begleiterkrankungen jeweils zwei homogene Gruppen, die sich bis auf die Einnahme eines einzelnen Medikaments gleichen.

Tritt dann bei einer dieser beiden Gruppen ein Symptom häufiger auf, besteht der Verdacht auf eine Nebenwirkung. Das Programm automatisiert damit eine bewährte epidemiologische Methode, die als Fall-Kontroll-Studie bezeichnet wird. Mit der gleichen Methode kann auch nach Auffälligkeiten bei Patienten gesucht werden, die gleichzeitig zwei Medikamente einnehmen. Gibt es hier eine Häufung von Symptomen, spricht dies für den Verdacht einer Arzneimittelinteraktion.

Die Forscher haben das Programm getestet und die Ergebnisse in zwei Datenbanken veröffentlicht: OFFSIDES fand bei 1.332 Wirkstoffen im Durchschnitt 320 Nebenwirkungen und damit deutlich mehr als die derzeit durchschnittlich 69 Nebenwirkungen in den Fachinformationen. Die TWOSIDES-Datenbank ermittelte bei 59.220 Paarungen von Wirkstoffen 1.301 potenzielle Wechselwirkungen.

47 dieser Wechselwirkungen wurden in einer unabhängigen Analyse der elektronischen Datenbank der Stanford Universität verifiziert. Darunter war eine bisher nicht bekannte Interaktion zwischen Antidepressiva aus der Gruppe der selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer und den in der Hochdrucktherapie eingesetzten Hydrochlorothiaziden.

Die gemeinsame Einnahme verlängert möglicherweise das QT-Intervall im EKG und könnte damit das Risiko auf lebensgefährliche ventrikuläre Arrhythmien erhöhen. Ob dies tatsächlich der Fall ist sollte nach Auskunft der Forscher jetzt in einer pharmakologischen Studie geprüft werden. © rme/aerzteblatt.de

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