Ärzteschaft
Ärztekammer Westfalen-Lippe kritisiert Geschäftsgebaren der PKV
Freitag, 16. März 2012
Münster – Die Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL) hat darauf hingewiesen, dass unter der aktuellen Diskussion um die Zukunft der privaten Krankenversicherung (PKV) besonders das duale Versicherungssystem leide. Daran sei die PKV nicht ganz schuldlos, so ÄKWL-Präsident Theodor Windhorst.
„Im Gegenteil: Die PKV-Akteure diskreditieren gerade ihr eigenes Geschäftsmodell“, erklärte der Kammerpräsident. Im Fokus der Kritik stehen laut Windhorst zu Recht die ständig steigenden Beiträge für Privatversicherte: „Die Versicherten werden mit Billigbeiträgen in die PKV gelockt, anschließend sehen sie sich dauernden und konsequenten Höherstufungen von bis zu 70 Prozent ausgesetzt.“
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Nach Meinung des Kammerpräsidenten müsse sich die PKV nicht wundern, wenn sie derzeit infrage gestellt werde. Denn es sei eine „GKVisierung der PKV“ zu verfolgen. „Wenn sich aber PKV und gesetzliche Krankenversicherung immer mehr angleichen, sind wir auf dem Weg zu einer Einheitsversicherung – wer braucht dann noch die PKV“, so Windhorst.
In der aktuellen Diskussion hatte die Bundesärztekammer (BÄK) hingegen die Bedeutung der PKV für das deutsche Gesundheitswesen betont. „Die Koexistenz von gesetzlicher und privater Krankenversicherung zählt zu den Stärken des deutschen Gesundheitssystems“, sagte deren Präsident Frank Ulrich Montgomery. Dieses Zwei-Säulen-System habe in der Vergangenheit die Nachteile staatlicher Systeme mit langen Wartelisten, Einschränkungen der Patientensouveränität und Zweiklassenmedizin vermieden. „Wir fordern Politiker aller Parteien auf, die PKV im Interesse eines langfristig funktionsfähigen und finanzierbaren Gesundheitswesens nachhaltig zu stärken, anstatt sie durch Diskussion um einen einheitlichen Versicherungsmarkt zu unterminieren“, sagte Montgomery. © hil/aerzteblatt.de

Wenn beide Systeme gleiche Voraussetzungen und....
Das lässt sich leicht durch Zahlen belegen:
1. Personal
Die Barmer GEK als größte GKV hat ca. 441 Versicherte pro Mitarbeiter (8,6 Mio Versicherte auf 19.500 Mitarbeiter, Wikipedia). Die DKV als zweitgrößte PKV hat ca. 900 Versicherte pro Mitarbeiter (911.000 Vollversicherte, 1.040 Mitarbeiter; Wikipedia), wobei die DKV-Mitarbeiter aber auch noch ca. 3,5 Mio Zusatzversicherte bearbeiten.
Fazit: Die personelle Effizienz ist in der PKV ist um ein vielfaches höher als in der GKV. Jeder weiß, was die GKVen für ausufernde Bürokratie im Gesundheitswesen verursachen.
2. Beitragsbezogen
Alle PKVen zusammen nehmen pro Vollversichertem EUR 227,- mtl. ein (EUR 24,2 Mrd für 8,9 Mio Vollversicherte, PKV-Verband 2011). Zusätzliche Steuerzuschüsse gibt es keine.
Die Barmer GEK nimmt pro Versichertem EUR 213,- mtl. ein (22 Mrd Einnahmen für 8,6 Mio Versicherte ein). Beitragseinnahmen sind dabei nur 16 Mrd, der Rest sind Zuschüsse aus Steuern (oder auch Provisionseinnahmen für Vermittlung privater Zusatztarife....).
Das Inkasso ist aber bei den GKVen den Arbeitgebern aufgebürdet, die Leistungsabrechnung großenteils den Kammern. Ansonsten verwaltet man sich weitgehend selbst.
Außerdem werden bei den PKV 28 % aller Ausgaben (12.6 Mrd von 43 Mrd EUR, PKV-Verband 2011) in Alterungsrückstellungen gesteckt. Und die sind in den o.g. EUR 227,- schon drin.
Und die PKVen haben zur Zeit ca. 160 Mrd Rücklagen (d.h. auch ohne Einnahem sind die Ausgaben mehrerer Jahre gesichert). Die GKVen haben in dieser Hinsicht noch nicht mal Rücklagen für 3 Monate.
Fazit: Die Beiträge der GKVen sind im Durchschnitt vergleichbar hoch, sie werden nur bei den GKVen wesentlich ineffizienter genutzt. Hätten die PKVen ähnlich hohe Steuerzuschüsse wie die GKVen und würden sie auch keine Alterungsrückstellungen bilden, wären die Durchschnittsbeiträge deutlich niedriger.
3. Leistungen
Die meisten PKV-Mitglieder sind es, weil sie es wollen. Man möchte die bekanntermaßen besseren Leistungen haben. Und das kann man aus meiner Sicht jedem gönnen.
Leider werden von unbedarften Populisten meist GKV und PKV direkt vergleichen. Das ist aber Äpfel mit Birnen vergleichen.
Natürlich gibt es eine Menge sozialpolitischer Gründe für die Aufrechterhaltung des GKV - Systems. Schließlich ist die Ausgestaltung der Beträge ja eine riesige Umverteilungsmaschinerie "von oben nach unten". Ob das aber tatsächlich die Aufgabe von Krankenversicherungen sein sollte (und nicht besser im Steuersystem und in der Sozialhilfe aufgehoben wäre), lasse ich jetzt dahin gestellt.
Jedenfalls von zwei Systemen das deutlich effizientere so zu "verteufeln", wie es der Herr Windhorst tut, zeugt von wenig Zahlenkenntnis und viel einseitigem Populismus.
Tatsache ist ja, dass einige PKV-Versicherte für ihre guten Leistungen mehr bezahlen als gleich alte oder sozial gleich gestellte GKV- Versicherte für Ihre weniger guten. Was aber umgekehrt natürlich genauso so gilt ! Der Durchschnitt belegt es ja.
Diese Unterschiede liegen aber nicht - wie so oft dargestellt - an einer angeblichen "grundsätzlichen Leistungs-Unfähigkeit der PKVen", sondern an den Zielsetzungen und Rahmenbedingungen der Systeme.
Aus volkswirtschaftlicher Effizienz heraus sollte man die PKVen nicht abschaffen, eher das Gegenteil wäre sinnvoll. Man sollte sie leichter zugänglich machen und auch für Alte und Kinder bezuschussen.
Eines muss man dabei allerdings bedenken: Es gäbe viele GKV-Mitarbeiter, die dann ohne Job wären (ohne Arbeit sind sie nach den obigen Zahlen ja offensichtlich schon..). Und vielleicht gäbe es auch ein paar Kammer - Präsidenten ohne Job. Aber das wäre auch nicht so schlecht...
Viele Grüße
S.

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