Medizin
Opiumkonsumenten sterben früher
Mittwoch, 18. April 2012
Teheran – Opiate sind nicht nur als Arzneimittel eine riskante Droge. Auch der gewohnheitsmäßige Konsum, der in der nordiranischen Provinz Golestan vor allem bei älteren Männern verbreitet ist, erhöht einer prospektiven Kohortenstudie im Britischen Ärzteblatt (BMJ 2012; 344: e2502) zufolge das Sterberisiko.
Die Golestan Cohort Study ist ein gemeinsames Projekt des Digestive Disease Research Centre (DDRC) in Teheran, der International Agency for Research on Cancer (IACR) in Lyon und des US-National Cancer Institute in Bethesda. Es wurde ursprünglich ins Leben gerufen, um die Ursache für die hohe Prävalenz des Ösophaguskarzinoms in der nordiranischen Provinz Golestan zu untersuchen. Schon bald stellte sich heraus, dass neben dem Mangel an Obst und Gemüse, der Gewohnheit den Tee kochend heiß zu trinken, der Vorliebe für Wasserpfeife und Kautabak auch Opium ein Risikofaktor ist.
Der Milchsaft aus der Samenkapsel der Opiumpflanze wird vor allem in den ländlichen Regionen von Golestan konsumiert. Er wird entweder als Teriak (getrocknete Milch) geraucht oder gegessen, als Sukhteh (Asche des gerauchten Teriak, enthält viele Karzinogene) gegessen, als Shireh (gekochtes und gefiltertes Sukhteh) geraucht, inhaliert oder gegessen, oder auch nach Art der Ungläubigen als Heroin injiziert oder geraucht.
Vielen Konsumenten gelingt es die Opiummenge auf durchschnittlich 3 Nokhod (Gewichtseinheit für Opium, jeweils 0,2 Gramm) zu begrenzen, doch auch im Rosengarten (so die wörtliche Übersetzung von Golestan) ist der fortgesetzte Opiumkonsum der Gesundheit nicht gerade zuträglich. Hooman Khademi vom DDRC und Mitarbeiter ermitteln ein bei Männern und 83 Prozent erhöhtes Sterberisiko. Bei Frauen, der eher selten zur Droge greifen, war es sogar um 143 Prozent erhöht.
Die Drogenkonsumenten sterben an Atemwegserkrankungen wie Asthma (Hazard Ratio HR 11,0) und chronisch-obstruktiver Lungenerkrankungen (HR 5,44). Beides dürfte mit der häufigen inhalativen Aufnahme der selbst zubereiteten Droge zusammenhängen. Auch ein Teil der häufigeren Krebstodesfälle (HR 1,61) dürfte hiermit in Verbindung stehen, meint Khademi. Der Drogenkonsum war aber auch mit einer erhöhten Sterblichkeit an Herz-Kreislauf-Erkrankungen (HR 1,81) assoziiert.
Die Todesfälle könnten mit der Atemdepression durch die Wirkung im Hirnstamm zusammenhängen, während die erhöhte Rate von Tuberkulose (HR 6,22) eine Folge der geschwächten Immunabwehr sein könnte. Die Epidemiologen haben sich bemüht, Verzerrungen zu vermeiden. So wurden chronisch Kranke in den ersten Monaten von der Auswertung ausgeschlossen, da hier eine tödliche Krankheit Ursache des Opiumkonsums (zur Schmerzlinderung) gewesen sein könnte.
Sofern die Assoziation tatsächlich kausal ist, könnten nach den Berechnungen von Khademi 15 Prozent aller Todesfälle in Golestan auf den Konsum von Opium zurückzuführen sein. Für den Editorialisten Irfan Dhalla vom St. Michael's Hospital in Toronto zeigt dies, auch wenn die Ergebnisse natürlich nicht auf westliche Länder übertragen werden können, dass Opiate riskante Substanzen, die auch als Arzneimittel immer mit Vorsicht eingesetzt werden sollten. © rme/aerzteblatt.de

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