Ärzteschaft
Ärzte weisen Fangprämien-Vorwürfe zurück
Dienstag, 22. Mai 2012
Berlin/Nürnberg – Als Versuch, den ärztlichen Berufsstand zu diffamieren, haben Bundesärztekammer (BÄK) und Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) eine Studie zu sogenannten Fangprämien bezeichnet. Zum Auftakt des 115. Deutschen Ärztetages am 22. Mai in Nürnberg hatte der Spitzenverband Bund der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Spitzenverband) eine Umfrage vorgestellt, wonach Ärzte Prämien dafür angenommen haben, dass sie Patienten an bestimmte Kliniken überwiesen hätten.
„Der Versuch der Krankenkassen, zeitgleich zur Eröffnung des Deutschen Ärztetages eine Skandalisierung des ärztlichen Berufstandes zu initiieren, ist gleichermaßen platt wie populistisch“, sagte der BÄK-Präsident Frank Ulrich Montgomery. Seriös wäre es gewesen, jeden einzelnen Verdachtsfall umgehend der Ärztekammer zu melden, damit diese eine sachliche und fachliche berufsrechtliche Überprüfung und gegebenenfalls ein Berufsgerichtsverfahren hätte einleiten können, so der Ärztepräsident.
„Wir fordern die Kassen auf, Ross und Reiter gegenüber den Kammern und den Kassenärztlichen Vereinigungen zu nennen“, forderte der KBV-Vorstandsvorsitzende Andreas Köhler. Gegen Pauschalverurteilungen und allgemeine Diffamierungen verwahre sich die Ärzteschaft aber entschieden, so der KBV-Chef.
Pauschale Verdächtigungen
„Es erstaunt schon, dass die Krankenkassen niemals die Berufsgerichte bemühen, sondern lieber pauschale Verdächtigungen ausstreuen“, kritisierte Montgomery. Den Kassen gehe es offenbar um eine Diffamierung der Gesamtärzteschaft, nicht um Sachaufklärung und schon gar nicht um Verbesserungen. „Ob sie damit ihrem gesetzlichen Auftrag nachkommen, darf mehr als bezweifelt werden“, so der BÄK-Präsident.
Die Studie entstand unter Leitung von Kai Bussmann vom Economy & Crime Research Centers der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Im Herbst 2011 hat TNS Emnid Bielefeld dazu bundesweit 600 niedergelassene Fachärzte, 180 leitende Angestellte von stationären Einrichtungen sowie 361 nicht-ärztliche Leistungserbringer telefonisch interviewt.
Zuweisungen von Patienten gegen wirtschaftliche Vorteile sind üblich, meinten danach 14 Prozent der befragten niedergelassenen Ärzte und 35 Prozent stimmten dem zumindest teilweise zu. 20 Prozent von ihnen meinten, ein solches Vorgehen komme gegenüber anderen Ärzten oder Hilfsmittelerbringern häufig vor. Etwa ein Viertel (24 Prozent) der stationären Einrichtungen und fast jeder zweite (46 Prozent) nicht-ärztliche Leistungserbringer bezeichnete diese Praxis als üblich.
„Ich bin sicher, dass viele Leistungserbringer korrekt handeln. Wenn man aber durch die Selbsteinschätzung der Branche sieht, dass jeder fünfte Arzt die berufsrechtlichen Verbote nicht kennt und zugleich Zuweisungen gegen Entgelt auch als selbstverständlich ansieht, ist das ein Skandal“, sagte Gernot Kiefer, Vorstand des GKV-Spitzenverbandes. © hil/aerzteblatt.de

Doch nicht so am Thema vorbei
Ärzte erhalten durch ambulante Anbieter von Gesundheitsleistungen, mit denen sie sogar zusammen arbeiten müssen, eine Bezahlung, welche abhängig ist von der Anzahl der behandelten Patienten. Deklariert sind sie anders. Aufgrund von Verschwiegenheitsverpflichtungen dürften die getroffenen Vereinbarungen gegenüber den Kassenärztlichen Vereinigungen dabei nicht vorgelegt werden. Ob die Kassenärztliche Vereinigung, die Ärztekammern und auch die Kostenträger über die Vorgänge wirklich Bescheid wissen wollen, erscheint mir in diesem Zusammenhang zweifelhaft.
Ich halte es für problematisch, Ärzte auf diesem Wege dazu zu ermuntern, möglichst nur eine Gesundheitsleistung anzubieten. Das könnte der Betreuung der anderen Patienten mitunter zum Nachteil gereicht sein, da auf diese Weise bei einer bestimmten Patientengruppe sozusagen doppelt verdient werden kann. Da aber ganz viele Ärzte und Leistungserbringer beteiligt sind, könnte bei Aufdeckung das gesamte System zusammenfallen. Also kommt es von Seiten der offiziellen Stellen nicht zu einer Verfolgung oder Ahndung von Verletzungen des Kassenarztrechtes oder Standesrechtes. Müssen KV, Kassen oder Ärztekammern doch ermitteln, so tun sie das nach meiner Erfahrung stets ohne wirkliches Engagement bzw. lassen es bei „ mahnenden Worten“. Wer wirklich etwas ändern will, der muss endlich für die strafrechtliche Verfolgung von Korruption bei Vertragsärzten Gesetzesgrundlagen schaffen.

am Thema vorbei
Leider wird ebenso übersehen, dass die Politik immer noch keine praktikablen Regeln dafür fixiert hat, wie die immer wieder beschworene verbesserte ambulant- stationär übergreifende Zusammenarbeit vergütet werden soll.
Auf diese Weise wird die Last der durch die DRG nachweislich stark verkürzten stationären Behandlung ohne jegliche Skrupel dem ambulanten Bereich aufgebürdet. Von den wesentlich häufigeren (illegalen) Versuchen der Kliniken, notwendige Diagnostik in den ambulanten Bereich auszulagern, wird merkwürdigerweise nicht gesprochen.
Und auch nicht davon, dass die Krankenkassen immer mehr Bürokratie kostenlos in die Praxen auslagern möchten.

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