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Politik

Haftpflicht: Policen für Kliniken werden teurer

Dienstag, 5. Juni 2012

Berlin – Die Krankenhäuser müssen kurzfristig mit spürbaren Prämien­erhöhungen für ihre Betriebshaft­pflichtversicherungen rechnen. Statt 350 Millionen Euro liege der Bedarf hochgerechnet für alle Kliniken mittlerweile eher bei 520 Millionen Euro. Ausschlag­gebend seien die enorm gestiegenen Kosten bei Großschäden etwa in der Geburtshilfe, erläuterte Manfred Klocke am Dienstag in Berlin. Er ist Hauptgeschäftsführer der Ecclesia-Gruppe, eines großen Versicherungsmaklers im Gesundheitswesen. Ecclesia unterhält nach eigenen Angaben die größte Heilwesenschaden-Datenbank und wertet seit 15 Jahren kontinuierlich die Schäden von 245 Krankenhäusern aus.

Klocke verwies darauf, dass nicht etwa die Zahl der begründeten Schadensfälle in den letzten Jahren gestiegen sei, sondern die der Verdachtsfälle. So wurden 1997 in knapp einem Promille der Behandlungsfälle Ansprüche erhoben, 2006 jedoch in 1,5 Promille der Fälle. Die Schäden mit Zahlungen stiegen in diesem Zeitraum aber nur von 0,54 auf 0,6 Promille.

Bei Klagen gehe es vielfach auch gar nicht mehr um den Sachverhalt, sondern um die Höhe der geforderten Entschädigung. Viele Verfahren würden zudem außergerichtlich geregelt, nicht zuletzt durch die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Ärztekammern, deren Arbeit der Versicherungsfachmann lobte. Allerdings würden die Schadensfälle, die anerkannt werden, immer teurer.  Klocke verwies auf bei der Geburt geschädigte und infolgedessen mehrfach behinderte Menschen, die heute dank des medizinischen Fortschritts und guter Pflege ein höheres Alter erreichen könnten.

„Zu einer gut funktionierenden Krankenhausversorgung gehört auch ein faires Entschädigungsrecht, wenn Fehler passiert sind“, betonte Georg Baum, Hauptge­schäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). Die DKG setzt sich derzeit dafür ein, dass die Krankenhäuser mehr Geld erhalten, weil ihre Ausgaben steigen, unter anderem die für Personal und für Energiekosten.

Der von der Versicherungswirtschaft angekündigte Prämienanstieg führe bei den Kliniken zu einer Verschärfung der ohnehin bestehenden Finanzierungsprobleme, warnte Baum. Schließlich könnten sie derartige Risikokosten nicht auf die Behandlungskosten umlegen. Er forderte, dies bei den Verhandlungen um mehr Geld zu bedenken und zudem in Zukunft solche Kosten in die Kalkulation des geplanten Orientierungswerts für die Kliniken aufzunehmen.

Klocke und Baum äußerten sich bei der Präsentation einer Studie „Arzthaftung in Europa“, die die Ecclesia Gruppe und die DKG gemeinsam in Auftrag gegeben hatten. Patienten, bei denen ein Behandlungsfehler anerkannt wurde, erhalten in Deutschland demnach höhere Entschädigungen als in den meisten anderen europäischen Ländern.

Studienherausgeber Bernhard Koch vom Institut für Zivilrecht an der Universität Innsbruck wies darauf hin, dass der Umgang mit Behandlungsfehlern innerhalb Europas höchst unterschiedlich gestaltet sei. Als Beispiel nannte er das Beweismaß.

In der Schweiz, Italien und Schweden genüge das bloße Überwiegen der Wahr­scheinlichkeit eines Behandlungsfehlers. In Belgien, Frankreich, Spanien und Tschechien müsse die Wahrscheinlichkeit an Sicherheit grenzen. Eine Beweislastumkehr aufgrund eines groben Behandlungsfehlers gebe es nur im deutschen Recht – allerdings ist dieser Fall selten. © Rie/aerzteblatt.de

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