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Medizin

Sport kein Heilmittel gegen Depressionen

Mittwoch, 6. Juni 2012

dapd

Bristol – Die meisten Experten ermuntern Patienten mit Major-Depression zu mehr körperlicher Bewegung. In einer randomisierten klinischen Studie im Britischen Ärzteblatt (BMJ 2012; 344: e2758) gelang es auch, die als antriebsschwach eingestuften Patienten mithilfe eines speziell ausgebildeten Trainers zu motivieren. Doch die erhoffte Linderung der Depressionen wurde nicht erzielt.

Das Konzept der „TREAtment of Depression with physical activity“ oder TREAD-Studie war gut durchdacht. Da Menschen mit Depression oft an schweren Antriebsstörungen leiden, wurde ihnen nicht einfach eine sportliche Aktivität verordnet. Die 142 Teilnehmer des Interventionsarms wurden über die Studiendauer von acht Monaten von fünf „physical activity facilitators“ (PAF) betreut. Diese suchten für jeden Patienten ein geeignetes Sportprogramm aus, und sie waren durch eine Supervision auf die Apathie und die Ängste der Patienten vorbereitet.

Laut den jetzt von Melanie Chalder von der Universität Bristol und Mitarbeitern vorgestellten Ergebnissen haben die PAF auch gute Arbeit geleistet. Wider Erwarten konnten die meisten Patienten für ein Sport- und Bewegungsprogramm motiviert werden, und auch im ersten Jahr nach dem Ende der Studie blieben sie wesentlich aktiver als die 148 Patienten, die in die Kontrollgruppe gelost worden waren.

Trotz der guten Rahmenbedingungen mussten Chalder und Mitarbeiter jetzt aber das Scheitern ihrer Studie einräumen. Denn im primären Endpunkt, dem Beck-Depressions-Inventar, zeichneten sich auch nach vier Monaten keine signifikanten Vorteile im Gemütszustand der Patienten ab. In beiden Studienarmen hatten sich die Depressionen gleichermaßen gebessert, was an der allgemeinen Betreuung und der medikamentösen Therapie gelegen haben dürfte. Alle Patienten waren wegen einer neuen Episode einer Depression in Behandlung.

Die Studie schließt nicht aus, dass sportliche Aktivität im Einzelfall eine antidepressive Wirkung entfaltet, findet die Autorin. Möglicherweise hätte eine stärkere Aktivität – das Niveau war mit Rücksicht auf die Antriebsschwäche niedrig gehalten worden – einen Effekt erzielt, berichtet Chalder. So gebe es Berichte, nach denen Patienten mit Major-Depression von einem „runner’s high“ profitieren, dem Glücksgefühl, dass durch die Ausschüttung von Endorphinen ausgelöst wird. Einen Wirkungsbeleg hierfür aus klinischen Studien gibt es allerdings nicht.

Für Patienten mit Depressionen mag es andere gute Gründe für Sport geben. Frühere Untersuchungen haben gezeigt, dass die Isolation der Patienten häufig mit einer ungesunden Lebensweise mit Nikotin und hyperkalorischer Ernährung verbunden ist, die das kardiovaskuläre Risikoprofil der Patienten verschlechtern. © rme/aerzteblatt.de

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