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Politik

Private Krankenversicherer wollen Leistungen ausweiten

Donnerstag, 21. Juni 2012

Berlin – Viele private Krankenversicherer werden am Jahresende mit der Umstellung auf Unisex-Tarife ihre Leistungen ausweiten und beispielsweise bisherige Beschränkungen bei der ambulanten Psychotherapie aufgeben. Das haben Sprecher des Verbandes der privaten Krankenversicherung (PKV-Verband) auf der Mitgliederversammlung der Organisation in Berlin angekündigt. Die Umstellung bezieht sich zunächst nur auf neue Versicherungs­verträge. Inwieweit sie auch Bestandskunden zugutekommen wird, bleibt zunächst offen.

Die Branche reagiert mit der Umstellung auf Kritik am Leistungsumfang der privaten Krankenversicherung. Verbandsvorsitzender Reinhold Schulte (Deutscher Ring/Signal) gestand „ein paar Problempunkte“ beim Leistungsumfang ein und nannte geschlossene Heilmittel-Kataloge und die ambulante Psychotherapie, die bei der PKV nicht immer oder nur beschränkt im Versicherungsschutz enthalten ist.

„Ich höre aus der Branche, dass viele PKV-Unternehmen die Chance der anstehenden Unisex-Tarifumstellung nutzen, um ihre Tarife mit Mindestleistungen zu versehen, mit denen  diese Kritikpunkte ausgeräumt werden“, sagte Schulte. Zu den Leistungen, die in den Versicherungsschutz einbezogen werden, dürfte auch die Suchtentwöhnung zählen. Die Entscheidung darüber trifft allerdings jedes einzelne Versicherungsunternehmen, nicht der Verband. Eine spürbare Auswirkung auf die Entwicklung der Leistungsausgaben erwarten die Branchensprecher nicht, weil viele der genannten Leistungen de facto schon heute erstattet würden.

Schulte kritisierte die Schlussfolgerung aus einer kürzlich veröffentlichten Studie des Institut für Mikrodatenanalyse (IfMDA) in Kiel, wonach 80 Prozent der PKV-Tarife weniger leisteten als die GKV. In dem Vergleich seien die Bezugspunkte willkürlich gewählt worden. Beim Zahnersatz, bei Brillen, bei rezeptfreien Arzneimitteln, beim Auslandskrankenschutz und generell bei der Honorierung ärztlicher Leistungen ohne Budgetgrenzen ständen sich Privatversicherte besser als Mitglieder der GKV.   

Schulte würdigte die Haltung des Präsidenten der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, der sich auf dem Deutschen Ärztetag klar zum Erhalt  der PKV und des dualen Versicherungssystem bekannt habe. Er sprach von einem „Schulterschluss“ mit der Ärzteschaft. „Auch wir wollen, dass nicht das Budget, sondern die Qualität der medizinischen Versorgung im Vordergrund steht“.

Montgomery stellte als Gastredner der PKV-Mitgliederversammlung heraus, dass der demografische Wandel eine höhere Krankheitslast zur Folge haben werde. „Wir werden im Gesundheitswesen mehr Infrastruktur, mehr Personal und mehr Geld benötigen.“ Montgomery rief dazu auf, die Arbeitsbedingungen für Ärzte so zu verbessern, dass die Abwanderung ins Ausland gestoppt werde. © Stü/aerzteblatt.de

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Avatar #106067
dr.med.thomas.g.schaetzler
am Dienstag, 26. Juni 2012, 18:32

Logische Seriosität versus unseriöse Unlogik

Die Unternehmen der Privaten Krankenversicherung (PKV) haben in 2011 Geld gespart, weil sie für die ambulanten ärztlichen Behandlungskosten in den Arztpraxen weniger ausgeben mussten als im Jahr 2010. Erreicht wurde dies durch ein subnormales Leistungsniveau bei der PKV unterhalb von GKV-Mindeststandards. Das wird selbst vom PKV-Verbandsvorsitzenden Reinhold Schulte auf der Mitgliederversammlung der Privaten Krankenversicherer in Berlin für spezielle Leistungsbereiche offen zugegeben. Und das sind nicht nur ambulante Psychotherapie und Mängel im Hilfsmittelkatalog, sondern auch häusliche Krankenpflege, Betreuung erkrankter privat versicherter Kinder, Anschlussheilbehandlung (AHB) und Rehabilitation (REHA). Auch manche Originalmedikamente über GKV-Festpreisniveau bzw. Rabattvertrag wurden nach Angaben meiner PKV-Patienten nur mit Murren oder gar nicht mehr übernommen. Logischer Weise müssten die Monatsbeiträge für die ambulanten Arzttarife gesenkt werden.

Insbesondere vor dem Hintergrund eines Plus bei den Alterungsrückstellungen: Ende letzten Jahres sind sie auf 170 Milliarden Euro angestiegen und ergeben bei 9 Millionen Vollversicherungen rein rechnerisch 18.889 Euro je Versicherten, reduziert durch die Alterungsrückstellungen beim Teil- und Zusatzversicherungsgeschäft. Zum Vergleich: Ende 2010 lag die kapitalgedeckte Alterungsrückstellung der PKV bei 150 Milliarden Euro. 8,89 Millionen PKV-Kunden mit Vollversicherungen ergaben damals rein rechnerisch pro Kopf 16.900 €, anteilmäßig reduziert durch Teil- und Zusatzversicherungen.

Tatsache ist jedoch, dass die Machenschaften der PKV über gesundheitsökonomische, wissenschaftliche Studien und durch einen Sturm der Entrüstung von DER SPIEGEL, STERN und Tageszeitungen über die Ärzte Zeitung und nicht zuletzt durch die aktuelle Deutsche-Ärzteblatt-Ausgabe bloß gestellt wurden.
Vgl. Jens Flintrop: "SEITE EINS", Deutsches Ärzteblatt, Jg. 109 Heft 25 - "PRIVATE KRANKENVERSICHERUNG - Prügel von allen Seiten"

http://www.aerzteblatt.de/pdf.asp?id=127064

Und wenn Verbandsdirektor Dr. Leienbach beteuert, "die Mindestleistungen werden sich nach unserer Erkenntnis nicht sehr kostenintensiv auswirken", fragt man sich unwillkürlich, warum die neuen Standards nicht schon längst kostenneutral und werbewirksam eingeführt wurden?

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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