Vermischtes
Religionsgemeinschaften kritisieren Kölner Beschneidungs-Urteil
Donnerstag, 28. Juni 2012
Köln/Bonn – Vertretungen von Christen, Juden und Muslimen in Deutschland haben am Mittwoch Unverständnis über das Kölner Gerichtsurteil zur Strafbarkeit der Beschneidung von Jungen geäußert. Der Koordinationsrat der Muslime (KRM) wertete den Richterspruch als einen Rückschlag bei der Integration von Muslimen. Die beiden großen christlichen Kirchen in Deutschland schlossen sich der Kritik an und forderten eine rasche Klärung der Rechtslage.
Der KRM als Zusammenschluss von vier großen muslimischen Verbänden vertrat die Auffassung, Muslime würden entscheidend an der Ausübung ihrer Religion behindert, falls Ärzte nach dem Kölner Urteil minderjährige Jungen nicht mehr beschneiden wollten. „Auch die Frage, ob man als Muslim überhaupt noch einen Platz in dieser Gesellschaft hat, werden sich viele Muslime angesichts solch massiver Eingriffe in die Religionsfreiheit stellen", erklärte der Rat.
Auch der im KRM vertretene Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) erklärte, das Urteil stelle einen „eklatanten und unzulässigen Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften und in das Elternrecht" dar.
Das Kölner Landgericht hatte in seiner am Dienstag veröffentlichten Entscheidung die Auffassung vertreten, eine Beschneidung aus religiösen Gründen sei strafbar. Sie sei auch nicht durch die Einwilligung der Eltern gerechtfertigt, da sie nicht dem Wohl des Kindes entspreche. Der Körper des Kindes werde durch die in Islam und Judentum verbreitete Beschneidung „dauerhaft und irreparabel verändert". Das Erziehungsrecht der Eltern sei „nicht unzumutbar beeinträchtigt", wenn sie abwarten müssten, ob sich der Junge später als Volljähriger für eine Beschneidung entscheide.
aerzteblatt.de
Der katholische Aachener Bischof Heinrich Mussinghoff nannte das Urteil in einer von der Deutschen Bischofskonferenz verbreiteten Erklärung „äußerst befremdlich". „Der Gegensatz zwischen dem Grundrecht auf Religionsfreiheit und dem Wohl des Kindes, den die Richter konstruieren, vermag in diesem Fall nicht zu überzeugen", erklärte Mussinghoff.
Der Präsident des Kirchenamts der Evangelischen Kirche in Deutschland, Hans Ulrich Anke, verlangte eine Korrektur des Urteils. Es müsse in dieser Frage rasch Rechtssicherheit geschaffen werden, erklärte Anke. Das Urteil habe die religiöse Bedeutung der Beschneidung „nicht hinreichend" berücksichtigt und verkenne die Rechte der Eltern "gerade auch in religiösen Dingen".
Zuvor hatte bereits der Zentralrat der Juden das Urteil als „beispiellosen und dramatischen Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften" kritisiert. Der jüdische Zentralratspräsident Dieter Graumann sprach von einem „unerhörten und unsensiblen Akt", © afp/aerzteblatt.de

Das BVG wird's schon richten

jede OP ohne Indikation ist unnötig

Körperverletzung

zum Kölner „Beschneidungsurteil“
Dr. med. Jörg v. Forstner, Arzt für Anästhesie und Allgemeinmedizin, Kiel
Eine Operation ist ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit eines Menschen und sollte aus Sicht des Arztes und vermutlich auch aus religiöser Sicht stets wohl überlegt sein. Operationen sind Körperverletzung auf Verlangen. Diese bedarf aus Sicht der deutschen Rechtsprechung stets einer Rechtfertigung in Form einer rechtskräftigen Einwilligung durch den betroffenen Patienten - bei Kindern übernehmen die Eltern diese Aufgabe. Die Entscheidung der Eltern für und Einwilligung in eine medizinisch notwendige Beschneidung ihres Sohnes z.B. bei einer Vorhautverengung mit Beschwerden beim Wasserlassen und wiederkehrenden Entzündungen ist bei uns allgemein anerkannt. Darüber ob der Wunsch von Eltern auf die Erfüllung einer religiösen Tradition - der rituellen Beschneidung ohne medizinischen Grund - es rechtfertigt, im Namen des Kindes in dessen ureigenes und schützenswertes Recht auf auf körperliche Unversehrtheit einzugreifen ist juristisch sicherlich diskussionswürdig. Unstrittig ist jedoch, daß man gerade auch in unserem Staat darauf vertrauen kann, daß sich Eltern in der Regel- unabhängig von ihrer Religion - allgemein für das Wohl ihrer Kinder einsetzen und entscheiden. Nur im Ausnahmefall ist wirklich die gesetzgeberische oder richterliche Kontrolle von Eltern geboten. An ganz andere Stelle könnte Kontrolle jedoch möglicherweise zumindest die Anzahl ritueller Beschneidungen in Deutschland drastisch reduzieren helfen: Bei der Bezahlung für die rituelle Beschneidungsoperationen, die häufig in Vollnarkose erfolgen und bei denen die Vorhaut durch einen Pathologen untersucht werden und somit erhebliche Kosten verursachen - und zwar häufig an falscher Stelle: der gesetzlichen Krankenversicherung! Die rituelle Beschneidung ist zwar selbstverständlich keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung - aber häufig drohen Eltern mit Arztwechsel, wenn sie darauf aufmerksam gemacht werden, daß die religiöse Beschneidung ausgerechnet ihres eigenen Kindes privat zu zahlen ist. Da wird flugs aus der rituellen schon mal eine medizinisch notwendige Beschneidungsoperation, die mit sämtlichen Begleitleistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse abgerechnet wird. Es soll hierauf spezialisierte Operateure geben, bei denen überwiegend Kinder mit muslimischen und/oder jüdischen Namen operiert werden, teilweise gegen zusätzliche Barzahlung und teilweise sogar mit Vernetzung mit Würdenträgern der entsprechenden Gemeinden - es ist schon erstaunlich, daß hiervon die Öffentlichkeit keine Kenntnis hat. Gerade diejenigen, die öffentlich im Namen ihres Rechtes auf freie Religionsausübung und freie rituelle Beschneidung ihrer Kindern pochen, sollten bereit sein den Preis hierfür selbst zu tragen! Auch die betroffenen urologischen Operateure wären gut beraten ihr eigens Handeln kritisch zu hinterfragen - auch der Fiskus könnte sich für diese Art von Einkünften interessieren. Türkischstämmige Muslime berichten mir, daß nach wie vor sogenannte "Beschneider" regelmäßig aus der Türkei in Deutschland einfliegen, welche dann hier gleich mehrere kleine türkischstämmige Jungs in einer Sitzung zum Teil ohne adäquate Schmerzausschaltung halb öffentlich beschneiden. In den USA habe ich selbst in den 90er Jahren in Kliniken Beschneidungen von konfessionell jüdischen Neugeborenen beigewohnt, welche - nur wenige Tage alt - an einem speziellen Brett fest bandagiert wurden, um sie ohne jegliche Schmerzausschaltung zu beschneiden. Auf deutschem Boden, wo selbst Tiere vor Operationen ohne adäquate Schmerzausschaltung geschützt werden und in dem die medizinisch sinnvolle Fluorierung oder Jodierung von Trinkwasser unterbleiben deshalb muß, weil diese Maßnahme eine „Zwangsbehandlung“ darstellen würde, die - auch historisch bedingt- verboten ist; in unserem Land sollte wir zumindest keinen Raum für solch archaische Beschneidungsrituale geben, vor denen alle Bewohner des Landes ungeachtet ihrer Konfession gefordert sind schutzbedürftige kleine Jungen zu bewahren.
Kiel, 29.6.2012 Dr. Jörg v. Forstner

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