Politik
Gutachten zum Bluttest auf Down-Syndrom stößt auf geteiltes Echo
Freitag, 6. Juli 2012
Bonn – Die Debatte um die Zulassung des neuen vorgeburtlichen Tests zur Früherkennung des Down-Syndroms geht weiter. Umstritten ist insbesondere, ob der Bluttest gegen das Gendiagnostikgesetz und Antidiskriminierungsgesetze verstößt.
In der Neuen Osnabrücker Zeitung vom Freitag sagte der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Hubert Hüppe (CDU), bei dem Test gehe es um „die Selektion von Menschen mit Down-Syndrom“. Sie würden auf schlimmste Weise diskriminiert. Auch die Bundesvereinigung Lebenshilfe, katholische Bischöfe und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken befürchten eine zunehmende Geringschätzung von Schwerbehinderten und wachsenden Druck auf Frauen zur Abtreibung.
Die Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Bundestag, Carola Reimann (SPD), verteidigte dagegen die Einführung des Bluttests, der in den kommenden Tagen für Deutschland zugelassen werden soll.
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Hüppe rief die Bundesländer erneut auf, die Einführung des Tests zu stoppen. Der Behindertenbeauftragte forderte eine neue Debatte über vorgeburtliche Untersuchungen: „Wir haben die medizinischen Entwicklungen in der Pränataldiagnostik über Jahre einfach nur hingenommen, ohne sie zu hinterfragen.“
Reimann kritisierte eine am Donnerstag vorgestellte Studie des Bonner Rechtswissenschaftlers Klaus Ferdinand Gärditz. Der Test diene sehr wohl medizinischen Zwecken, gerade weil mit Hilfe der Untersuchung ein Down-Syndrom diagnostiziert werden könne. Deshalb verstoße er nicht gegen das Gendiagnostikgesetz. „Ich finde, dass Frauen selbst entscheiden sollten, ob sie sich untersuchen lassen und ob sie die Schwangerschaft austragen.“
Der Bundesvorsitzende der Lebenshilfe, Robert Antretter, äußerte in der Neuen Osnabrücker Zeitung zwar Verständnis für die Verzweiflung von Frauen, die ein behindertes Kind erwarteten. „Man kann aber nicht den verständlichen Wunsch nach einem gesunden Kind gegen Lebensrecht und Lebenswürde in Konkurrenz setzen.“
Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Alois Glück, hält ein Verbot der neuen Bluttests für unrealistisch. Er sagte der Düsseldorfer Rheinischen Post, er könne sich nicht vorstellen, dass, nachdem die Fruchtwasseruntersuchung nicht verboten sei, ein im Vergleich dazu weniger risikoreiches Verfahren untersagt werden könne.
Insgesamt sieht der ZdK-Chef auf die Menschheit moralische Fragen ungeheuren Ausmaßes zukommen. Die neuen diagnostischen Möglichkeiten brächten die größten ethischen Herausforderungen für alle Menschen mit, weil schwierigste Gratwanderungen zwischen neuen Heilungschancen und Gefährdungen des Lebensschutzes zu bewältigen seien. Glück plädierte für eine Gewissensschärfung in dem Sinne, dass jedes Abwägen zwischen lebenswertem und lebensunwertem Leben im Interesse aller Menschen verhindert wird. „Sonst“, so der ZdK-Präsident, „geraten wir alle auf eine gefährliche Rutschbahn.“
Skeptisch zu dem neuen Verfahren äußerte sich die Beratungsorganisation „pro familia“: Eltern wollten einerseits Gewissheit, dass sie ein gesundes Kind zur Welt brächten. Andererseits dürften aber Behinderte nicht diskriminiert werden. Zu beantworten sei auch die Frage, ob und wann nach dem Bluttest noch eine Fruchtwasseruntersuchung sinnvoll sei.
Zu klären sei auch die Finanzierung des Tests. „Warum müssen Schwangere den über 1.000 Euro teuren Test bei einer Risikoschwangerschaft selbst bezahlen, eine Fruchtwasseruntersuchung, die zudem eine Fehlgeburt auslösen kann, wird dagegen durch die Krankenkassen finanziert?“ © kna/aerzteblatt.de

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