Ärzteschaft
Honorarstreit: Kassenärzte wollen Patienten zunächst schonen
Dienstag, 4. September 2012
Berlin – Die Ärzte wollen im Streit um höhere Honorare nicht zuerst auf Praxisschließungen setzen. „Wir wollen nicht im ersten Schritt jetzt die Patientenversorgung gefährden, sondern wir werden andere Maßnahmen finden, um auf unsere berechtigten Anliegen aufmerksam zu machen“, sagte der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Köhler, am Dienstag im ZDF-Morgenmagazin.
Der Unmut der Ärzte sei hoch. „Die sind bereit zu streiken“, fügte Köhler hinzu.
Kritik an der Verteilung der Honorare unter den verschiedenen Arztgruppen wies der KBV-Chef zurück. „Wenn Sie einfach zu wenig haben, wird Umverteilung die Lösung nicht sein.“ Zunächst müsse es eine „ausreichende Vergütungsmasse“ geben. Dann könne man eine „vernünftige Verteilung“ machen.
Köhler kritisierte erneut das Verhalten der Kassen, die ursprünglich eine deutliche Senkung der Ärztehonorare gefordert hatten. Die niedergelassenen Ärzte fühlten sich von den Kassen diffamiert und angegriffen, sagte der KBV-Chef. Bevor es Mitte September eine weitere Schlichtungsrunde gibt, wollen sich die Spitzen der KBV und des Kassenverbandes nun zunächst in kleiner Runde treffen, um das „gemeinsame Verständnis von Selbstverwaltung zu besprechen“, wie Köhler betonte.
Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, kündigte an, dass die Ärzte „bei ihren Aktionen auf eine Eskalationsstrategie setzen und den Druck Schritt für Schritt erhöhen werden.“ Die Ärzte hätten einen langen Atem. „Wenn die Kassen nicht einlenken, werden sie einen heißen Herbst erleben.“ Die Kassen betrieben ein „Kartell der Verantwortungslosigkeit, das endlich gebrochen werden muss“, sagte Montgomery den Ruhr Nachrichten vom Dienstag.
Von Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) verlangte Montgomery, mit den Kassen jetzt Klartext zu reden. „Die Krankenkassen verfolgen schon seit längerem einen Crashkurs gegenüber Deutschlands Ärzten. Wir benötigen einen neuen Anlauf für Verhandlungen. Die Krankenkassen werden drauflegen müssen.“
Der gesundheitspolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Jens Spahn (CDU), forderte von den Kontrahenten eine Rückkehr an den Verhandlungstisch. Der Honorarstreit zwischen Ärzten und Krankenkassen dürfe auf keinen Fall zu Lasten der Patienten ausgetragen werden, sagte Spahn am Dienstag dem SWR. Angesichts der teilweise unfairen Stimmungsmache der Krankenkassen sei der Unmut der Ärzte zwar verständlich, nicht aber die Eskalation, die sich nun anbahne.
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hatte die Verhandlungen über die Honorare der rund 150.000 niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten am Montag platzen lassen. Am Freitag hatte der Erweiterte Bewertungsausschuss mit einem Schlichterspruch entschieden, die Honorarvolumen zunächst um 270 Millionen Euro zu erhöhen. Die KBV fordert ein deutlich höheres Plus. © dapd/afp/aerzteblatt.de

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