Politik
Pharmaindustrie will Zahlungen an Ärzte offenlegen
Dienstag, 2. Oktober 2012
Berlin – Der europäische Arzneimittelherstellerverband (EFPIA) hat angekündigt, ab 2015 europaweit alle Zuwendungen an Ärzte und Wissenschaftler offenlegen zu wollen. Jedes Unternehmen, das Arzneimittel an das öffentliche Gesundheitssystem liefert, muss die geleisteten Zahlungen und vergebenen Geschenken, unabhängig von ihrem Wert, veröffentlichen, sagte der Vizepräsident der EFPIA, Stefan Oschmann, dem Tagesspiegel. Dies soll dem Bericht zufolge in einem freiwilligen Transparenz-Kodex vereinbart werden.
Transparenz sei „der beste Weg, um Vertrauen zu festigen“ und ein „wichtiges Element zur Stärkung der Reputation der pharmazeutischen Industrie“, sagte Ostermann. Dem Verband gehören alle großen forschenden Pharmafirmen an, darunter Bayer, Boehringer Ingelheim, GlaxoSmithKline, Merck, Novartis, Pfizer, Roche und Sanofi-Aventis.
Oschmann betonte gleichzeitig, dass gesetzeskonforme Vereinbarungen zwischen Ärzten und Arzneimittelherstellern „einen tiefgreifenden und positiven Einfluss auf die Behandlung von Patienten und die Forschung“ habe. Hintergrund: Ende Juni hatte der der Bundesgerichtshof (BHG) entschieden, dass Vertragsärztinnen und –ärzte, die von einem Pharmaunternehmen Vorteile als Gegenleistung für die Verordnung von Arzneimitteln entgegennehmen, sich nicht wegen Bestechlichkeit strafbar machen. Entsprechend sind auch Mitarbeiter von Pharmaunternehmen, die Ärzten solche Vorteile gewähren, nicht wegen Bestechung zu belangen.
Die Bundesärztekammer (BÄK) begrüßte den Vorstoß der Arzneimittelhersteller. Er sei „sehr dafür, dass man endlich aufhört mit der Geheimniskrämerei“, sagte BÄK-Präsident Frank Ulrich Montgomery. Die habe ohnehin nur zu Unterstellungen geführt, die mit der Realität nichts zu tun hätten. Er verstehe bloß nicht, wieso man mit den Veröffentlichungen noch bis 2015 warte.
Die Antikorruptionsorganisation Transparency International äußerte sich indes skeptisch. Die Initiative diene einer offenbar als notwendig empfundenen Imagepflege, sagte Vorstandsmitglied Wolfgang Wodarg. Zu befürchten sei, dass Bestechung künftig nur „versteckter“ und „über spezielle Subunternehmen“ erfolge.
Der Transparenz-Kodex werde nun „so schnell wie möglich“ ausgearbeitet, kündigte EFPIA-Verbandsvize Oschmann an. Allerdings müssten vorher noch einige entscheidende „Fragen im Zusammenhang mit Privatsphäre, Vertraulichkeit von Informationen und Interessenkonflikten“ gelöst werden, sagte er dem Tagesspiegel.
Der US-Pharmakonzern Pfizer hatte bereits 2010 seine Zahlungen an Ärzte und medizinische Einrichtungen in den USA veröffentlicht. Pfizer war im Oktober 2009 wegen eines Verstoßes der Tochter Pharmacia & Upjohn gegen Marketingregeln zu einer Rekordstrafe von 2,3 Milliarden US-Dollar verurteilt worden. Außerdem wurde der Konzern verpflichtet, künftig alle Zahlungen an US-Ärzte offen zu legen. © mis/aerzteblatt.de

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