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Ausland

Juden und Muslime begrüßen Gesetzentwurf zur Beschneidung von Jungen

Donnerstag, 4. Oktober 2012

dpa

Berlin – Das von der Bundesregierung geplante Gesetz zur Beschneidung von Jungen wird von jüdischen und muslimischen Gemeinschaften begrüßt. „Ich bin sehr glücklich, dass dieses Gesetz jetzt vorgelegt wurde“, sagte die frühere Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, heute im ZDF-Morgenmagazin. Kritik kam dagegen von der Deutschen Kinderhilfe.  

Die Bundesregierung will am kommenden Mittwoch den Gesetzentwurf zu Beschneidung von Jungen beschließen. Er sieht vor, die Beschneidung unter bestimmten Voraussetzungen zu erlauben. Eine Ausnahmeregelung soll greifen, wenn das Kindeswohl gefährdet ist - etwa bei Blutern. In der Regel soll die Beschneidung von Ärzten vorgenommen werden. Innerhalb der ersten sechs Monate nach der Geburt kommen dafür auch spezielle Beauftragte von Religionsgemeinschaften infrage.   

Die frühere Zentralratspräsidentin Knobloch bezeichnete den vorgelegten Entwurf als „ausgewogenes Gesetz“. Sie hoffe sehr, dass der Bundestag den vorgelegten Richtlinien folge. Knobloch kritisierte aber erneut, dass die Art und Weise der Debatte um die Beschneidung von Jungen zum Teil antisemitisch gewesen sei.  

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD), Aiman Mazyek, sagte vor dem Hintergrund der vorgesehenen Regelungen zur Beschneidung durch Beauftragte der Religionsgemeinschaften der Neuen Osnabrücker Zeitung vom Donnerstag: „Die Beschneidung im Islam kann jeder Sachkundige vornehmen, auch eine Frau.“ In der Regel werde aber von Muslimen ein Arzt oder eine Ärztin in Anspruch genommen.  

Zirkumzision: Kontroverse Debatte

In zahlreichen Zuschriften beschäftigen sich Leser des Deutschen Ärzteblattes mit dem Thema religiöse Beschneidungen. Das Kölner Landgericht hat in einem womöglich wegweisenden Urteil im Mai dieses Jahres die Beschneidung von Jungen als Straftat bewertet (Az.: 151 Ns 169/11).

Die Deutsche Kinderhilfe kritisierte das geplante Gesetz dagegen scharf. Es bestätige sich die Befürchtung, dass die im Hauruck-Verfahren geplante Regelung mehr Probleme bereitet als löse, erklärte die Kinderhilfe. „Während die Ohrfeige verboten ist, soll nun ein irreversibler, mit den Risiken von erheblichen Nebenwirkungen verbundener und ausgesprochen schmerzhafter Eingriff egal aus welchen Gründen erlaubt werden“, erklärte der Vorstandsvorsitzende Georg Ehrmann. Dies werfe die „Kinderrechte in Deutschland um Jahrzehnte zurück.“   

Kritisch äußerten sich auch Politiker von SPD und Grünen. „Ich bin entsetzt, wie hier in Grundrechte eingegriffen werden soll“, sagte die Kinderbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion, Marlene Rupprecht, der Tageszeitung „Die Welt“. Kinder würden „zu Objekten der elterlichen Sorge“ gemacht. Die kinderschutzpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Katja Dörner, sagte dem Blatt, grundsätzlich sei sie weiter kritisch, „ob man die Einwilligung in einen medizinisch nicht indizierten Eingriff ins Sorgerecht aufnehmen sollte.“  

Die Neuregelung soll die Verunsicherung nach dem Urteil des Landgerichts Köln beseitigen. Das Gericht hatte im Mai Beschneidungen von Jungen aus rein religiösen Gründen als strafbare Körperverletzung gewertet. Die Entscheidung war von jüdischen und muslimischen Verbänden scharf kritisiert worden. Der Bundestag hatte im Juli mit breiter Mehrheit einen Antrag angenommen, wonach die Bundesregierung bis zum Herbst eine gesetzliche Grundlage für religiöse Beschneidungen schaffen soll.afp © afp/aerzteblatt.de

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