Medizin
Kalzium könnte vor Überfunktion der Nebenschilddrüse schützen
Freitag, 19. Oktober 2012
Boston – Eine hohe Zufuhr von Kalzium mit der Nahrung oder durch Nahrungsergänzungsmittel ging in einer prospektiven Beobachtungsstudie (BMJ 2012; 345: e6390) mit einer verminderten Rate eines primären Hyperparathyreoidismus einher. Diese Hormonstörung begünstigt eine Osteoporose und Nierensteine. Ein Schutz vor diesen Störungen konnte in der Studie allerdings nicht belegt werden.
Das in den Nebenschilddrüsen gebildete Parathormon hat die Aufgabe den Kalziumgehalt des Blutes konstant zu halten. Bei einer niedrigen Zufuhr von Kalzium mobilisiert das Parathormon dazu Kalziumreserven aus dem Knochen. Zum Hyperparathyreoidismus kommt es, wenn die Nebenschilddrüsen ohne Notwendigkeit vermehrt Parathormon freisetzen und den Kalziumgehalt über die Norm steigern. Dies führt wegen der schwindenden Kalziumvorräte im Knochen langfristig zu einer Osteoporose. Die Übersättigung des Harns mit Kalzium begünstigt außerdem die Bildung von Nierensteinen.
Ein solcher primärer Hyperparathyreoidismus trat in der Nurses’ Health Study I bei 277 von 58.354 Frauen auf, die über einen Zeitraum von 22 Jahren beobachtet wurden. Die Kriterien für die Diagnose waren jedoch streng. Gefordert wurde entweder die Resektion eines Adenoms oder persistent hohe Kalziumwerte bei nicht supprimiertem Parathormon.
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Experten schätzen, dass die Störung in Wirklichkeit häufiger ist. Bei postmenopausalen Frauen soll die Prävalenz bis zu 2 Prozent betragen. Wie Julie Paik vom Brigham and Women’s Hospital und Mitarbeiter jetzt berichten, war der primäre Hyperparathyreoidismus bei den US-Krankenschwestern mit der höchsten Kalziumzufuhr am seltensten. Für das oberste Quintil ermittelte Paik ein relatives Risiko von 0,56 (95-Prozent-Konfidenzintervall 0,37-0,86).
Für Kalziumsupplemente allein ermittelt Paik ein relatives Risiko von 0,41 (0,29-0,60) bei einer Zufuhr von mehr als 500 mg/die. Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Substitution mit Kalzium bei Frauen tatsächlich die Zahl der Erkrankungen am primären Hyperparathyreoidismus um 59 Prozent senken würde.
Dieser Beweis könnte nur in einer Interventionsstudie geführt werden, in denen sich die Ergebnisse von Beobachtungsstudien nicht immer bestätigen lassen. Bei einer Empfehlung müssten auch die Nebenwirkungen einer Kalziumsubstitution mit den Vorteilen, hier die Vermeidung einer seltenen Hormonstörung, in Beziehung gesetzt werden. Schließlich kann eingewendet werden, dass der Hyperparathyreoidismus häufig eine Labordiagnose ist. Ein klinischer Vorteil für die Patientinnen würde sich erst ergeben, wenn durch die Therapie tatsächlich Knochenbrüche oder ein Nierensteinleiden vermieden würde. © rme/aerzteblatt.de

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