Politik
Neuer IGeL-Ratgeber erschienen – Regierung mahnt zu Transparenz
Mittwoch, 7. November 2012
Berlin – Bundesärztekammer (BÄK) und Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) haben heute in Berlin einen neuen Ratgeber für Patienten zu Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL) vorgestellt. Gleichzeitig kündigte die Regierung an, die Patientenrechte auch bei den sogenannten Selbstzahlerleistungen verbessern zu wollen.
„Solange Krankenkassen nicht alles bezahlen, was im Einzelfall medizinisch sinnvoll ist und es darüber hinaus Leistungen wie Reisemedizin gibt, die die Kassen noch nie bezahlt haben, kann man Individuellen Gesundheitsleistungen nicht per se die Existenzberechtigung absprechen“, sagte BÄK-Präsident Frank Ulrich Montgomery bei der Vorstellung des neuen Ratgebers.
Der KBV-Vorstandsvorsitzende Andreas Köhler stellte klar, dass es neben sinnvollen Untersuchungen und Behandlungen auch solche gebe, die kritisch zu betrachten seien. „In allen Fällen ist es daher wichtig, sich bei IGeL an klare Regeln zu halten“, betonte Köhler.
Der neue IGeL-Ratgeber informiert Patienten darüber, was IGeL sind und warum gesetzlich Versicherte dafür bezahlen müssen. Checklisten veranschaulichen, worauf jeder achten sollte, der von seinem Arzt das Angebot für eine Selbstzahlerleistung erhält oder sie von sich aus wünscht. Ärzten, die IGeL anbieten, kann der Ratgeber helfen, bei Beratung und Aufklärung Missverständnisse zu vermeiden. Außerdem informiert er über rechtliche Anforderungen.
Regulierung im Patientenrechtegesetz
Im geplanten Patientenrechtegesetz sollen die Individuellen Gesundheitsleistungen mit einer Pflicht zur detaillierten Information und Sanktionsmöglichkeiten reguliert werden. Konkrete Angaben der Ärzte über Kosten, Nutzen, Risiken und Alternativen der Behandlungen sollen mehr Transparenz in einen stark wachsenden Markt bringen, wie Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner und der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Wolfgang Zöller (beide CSU), heute in Berlin sagten. Eine Studie im Auftrag des Verbraucherministeriums kommt zu dem Ergebnis, dass die Informationen über IGeL-Angebote inzwischen recht gut, aber uneinheitlich und teilweise oberflächlich sind. Angestrebt wird ein einheitlicher Kriterienkatalog.
Ein boomender Markt
Wie aus der Studie hervorgeht, werden Patienten heute wesentlich häufiger mit IGeL-Angeboten konfrontiert als noch vor wenigen Jahren. Mehr als 350 verschiedene Zusatzleistungen werden von Ärzten ausgewiesen, so etwa Akupunktur, Glaukomfrüherkennung oder Vitaminspritzen. Der IGeL-Markt hat mittlerweile in Deutschland ein Volumen von rund 1,5 Milliarden Euro erreicht und sei damit „nicht unbedeutend“, wie es hieß. Pro Jahr entfallen rund 21 Millionen Behandlungen auf diesen Bereich.
Aigner betonte, die Verbraucher hätten ein Recht auf Transparenz. Sie müssten in die Lage versetzt werden, selbst zu entscheiden, ob sie eine Zusatzbehandlung wünschten und bezahlen könnten oder nicht. Standardisierte Informationen seien somit sinnvoll. Das gelte auch für die in den Arztpraxen ausliegenden Broschüren. Derzeit gebe es auf dem Markt „Licht und Schatten“. Aigner ermunterte Verbraucher, in Zweifelsfällen beim Arzt kritisch nachzufragen und nicht alles zu akzeptieren.
Das Institut für Gesundheits- und Sozialforschung (IGES) und Medizinrechtler der Universität Köln hatten für das Verbraucherschutzministerium die Informationsangebote im Internet und in Arztpraxen unter die Lupe genommen und dabei Punkte wie Verständlichkeit und Übersichtlichkeit bewertet. Vor allem die Informationen in den Praxen schneiden demnach schlecht ab und sind laut Studie „vielfach keine zuverlässige Verbraucherinformation“. Die Informationen von BÄK und KBV wurden dagegen als „sehr gute Möglichkeit“ bewertet, sich zu informieren.
Ärzte müssen Regeln einhalten
Zöller betonte, die Initiative für IGel-Angebote müsse von den Patienten ausgehen, nicht vom Arzt. Ärzte dürften ihren Patienten solche Angebote nicht aufschwatzen. Zu unterscheiden sei in sinnvolle sowie medizinisch notwendige Behandlungen, wobei Letztere in den GKV-Leistungskatalog gehörten. Derzeit gebe es zu den IGeL-Angeboten „auch interessengeleitete Informationen auf dem Markt“. Sollten Ärzte sich nicht an die Regeln halten, könnten sie dafür sanktioniert werden und auf den Kosten sitzen bleiben. © hil/mis/dapd/aerzteblatt.de

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