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Medizin

Tuberöse Sklerose: Everolimus schrumpft Hirntumoren

Mittwoch, 14. November 2012

Cincinnati – Das Immunsuppressivum Everolimus, das ursprünglich zur Vorbeugung von Abstoßungsreaktionen nach Organtransplantation eingeführt wurde, ist auch bei der Tuberösen Sklerose wirksam. In einer Phase-III-Studie kam es bei einem Drittel der Patienten zu einer Volumenreduktion der subependymalen Riesenzellastrozytome (SEGA) um mehr als die Hälfte.

Die Tuberöse Sklerose ist eine seltene autosomal-dominante Erbkrankheit, bei der es vor allem im Gehirn, aber auch in Nieren, Haut, Augen, Lungen, Herz und Leber zur Bildung gutartiger Tumore kommt. Die Bildung der Hirntumoren hat Epilepsien, aber auch kognitive Störungen zur Folge. Eine medikamentöse Therapie gab es bisher nicht. Die Entfernung der Hirntumoren erweist sich häufig als schwierig.

Ursache der Tuberösen Sklerose sind Mutationen in dem Gen TSC1 oder dem Gen TSC2. Sie kodierten die Proteine Hamartin und Tuberin, die als „Tumorsuppressor“ die Proliferation von Zellen hemmen. Die Folge der Mutationen ist ein ungebremstes Zellwachstum, das die zumeist gutartigen Tumore erklärt. Bestandteil der Signalkette, die ungebremst zum Tumorwachstum führt, ist der Rapamycinkomplex 1 (mTORC1).

Hier greift der mTor-Inhibitor Everolimus ein, der bereits in einer offenen Phase-II-Studie eine beachtliche Wirkung erzielte: Bei 21 von 28 Patienten schrumpften die Tumoren um 30 Prozent, bei 9 Patienten kam zu einer Reduktion um mehr als 50 Prozent (NEJM 2010; 363: 1801-1811). Die US-Arzneimittelbehörde FDA erteilte dem Medikament Afinitor Disperz aufgrund dieser Ergebnisse im Oktober 2010 in einem beschleunigten Verfahren die Zulassung für die tuberöse Sklerose. Startdosis waren 3 mg Everolimus pro Quadratmeter Körperoberfläche.

Kürzlich wurde die Zulassung für eine höhere Startdosis von 4,5 mg/m2 erneuert. Außerdem wurde die Altersgrenze für den Therapiebeginn von früher 3 Jahren aufgehoben. In Europa ist der Wirkstoff noch nicht für die tuberöse Sklerose zugelassen. Der Hersteller soll aber einen Antrag gestellt haben.

Anlass für die erweiterte Zulassung sind die Ergebnisse der jetzt im Lancet (2012; doi: 10.1016/S0140-6736(12)61134-9) publizierten Phase-III-Studie. An der dieser Mal placebokontrollierten Studie hatten unter der Leitung von David Neal Franz vom Cincinnati Children's Hospital Medical Center 177 Patienten aus zehn Ländern, darunter Deutschland (Berlin, Heidelberg), teilgenommen. Die Patienten waren im Mittel 9,5 Jahre (0,8 bis 26 Jahre) alt. Sie wurden im Verhältnis 2 zu 1 auf eine Therapie mit Everolimus oder Placebo gelost.

Primärer Endpunkt war eine SEGA-Ansprechrate, definiert als Verkleinerung der Hirntumore um mindestens 50 Prozent nach 6 Monaten sowie das Ausbleiben neuer Läsionen von mindestens 1 cm Größe oder der Entwicklung eines Hydrozephalus. Zu dieser gefürchteten Komplikation kommt es, wenn die Tumore den Abfluss des Liquors über das Monro-Foramen zwischen Seitenventrikeln und 3. Ventrikel blockiert.

Insgesamt 27 von 78 Patienten (35 Prozent) erreichten das Therapieziel, womit sich die höhere Dosierung als effektiver herausgestellt hat. Im Placebo-Arm kam es erwartungsgemäß niemals zu einer deutlichen Volumenreduktion. Zu den Nebenbefunden gehört ein Rückgang der Tumoren in Haut und Nieren. Ein Effekt auf die Epilepsierate konnte nicht gezeigt werden. Die meisten Patienten hatten allerdings noch keine Krampfanfälle erlitten. Eine Anschlussstudie soll jetzt prüfen, ob die Therapie günstige Auswirkungen auf die neurokognitive Entwicklung der Kinder hat.

Die häufigsten Nebenwirkungen mit einem Auftreten bei mehr als 20 Prozent der Patienten waren eine Stomatitis, Atemwegsinfektionen, Pyrexie, Erbrechen, Hautausschläge sowie Angstreaktionen, Aggressionen oder andere Verhaltensstörungen. © rme/aerzteblatt.de

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