Medizin
HIV: Protease-Inhibitoren unterstützen Malaria-Therapie
Donnerstag, 29. November 2012
Kampala – Die Therapie einer HIV-Infektion mit Protease-Inhibitoren könnte in den Malaria-Regionen Afrikas einen willkommenen Nebeneffekt haben. In einer Studie im New England Journal of Medicine (2012; 367: 2110-2118) wurde die Rate der Malaria-Erkrankungen fast halbiert.
Die bei der HIV-Therapie eingesetzten Protease-Inhibitoren könnten aus zwei Gründen bei der Malaria wirken. Zum einen gibt es eine Ähnlichkeit zwischen der HIV-Protease und bestimmten Enzymen von Plasmodium falciparum, dem Erreger der in Afrika vorherrschenden Malaria tropica.
Laut Jane Achan von der Makerere Universität in Kampala weisen Ergebnisse aus in vitro-Experimenten auf eine direkte Wirkung gegen den Parasiten hin. Wahrscheinlich ist allerdings, dass Protease-Inhibitoren (PI) die Wirkung der Malaria-Medikamente indirekt verstärken, indem sie deren Elimination in der Leber verzögern. Vor allem Lopinavir ist ein starker Inhibitor von Enzymen des Cytochrom-P450-Systems, die unter anderem das Malariamittel Lumefantrin metabolisieren.
Achan hat die Auswirkungen jetzt erstmals in einer klinischen Studie untersucht, in der 170 HIV-infizierte Kleinkinder entweder mit einer Lopinavir–Ritonavir-basierten oder einer NNRTI-basierten Therapie behandelt wurden. Zum Einsatz kam der Nichtnukleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitor (NNRI) Nevirapin oder Efavirenz (plus zwei Nukleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren in beiden Studienarmen).
Die Teilnehmer waren im Alter von 6 Monaten bis 2 Jahren. In dieser Zeit erkranken in Afrika viele Kinder das erste Mal an einer Malaria, die dann wegen des fehlenden Immunschutzes tödlich enden kann (vor allem, wenn die HIV-Infektion die Abwehrkräfte geschwächt hat). Für den Fall einer unkomplizierten Malaria sah das Studienprotokoll eine Therapie mit Artemether und Lumefantrin vor.
Tatsächlich kam es unter der PI-basierten Therapie seltener zu Malariaerkrankungen. Bei den 86 Kindern kam es innerhalb eines Jahres „nur“ zu 109 Attacken der Tropenkrankheit. Unter der NNRTI-basierten Therapie waren es 176 Episoden. Damit lag die Inzidenzrate unter der PI-basierten Therapie um 41 Prozent niedriger. Der Effekt basierte allerdings vor allem auf der Prävention von Rezidiven unter der Malaria-Therapie, deren Anzahl in den ersten 28 Tagen um 69 Prozent und in den ersten 63 Tagen um 59 Prozent gesenkt wurde.
Diese Ergebnisse lassen sich am ehesten durch den indirekten Einfluss der Protease-Inhibitoren auf den Abbau von Lumefantrin in der Leber erklären. Darauf deuten die von Achan dokumentierten höheren Serumspiegel des Malaria-Medikamentes im PI-Arm hin – sowie eine schlechtere Verträglichkeit: Im PI-Arm kam es bei 5,6 Prozent der Kinder zu schweren Nebenwirkungen gegenüber 2,3 Prozent im NNRTI-Arm. Diese standen zwar nicht sicher im Zusammenhang mit der Therapie.
Es erscheint aber nur plausibel, dass höhere als erwartete Wirkstoffspiegel die Verträglichkeit verschlechtern. Andernfalls könnten Mediziner die Dosis des Wirkstoffs gefahrlos erhöhen. Der Vorschlag Achans angesichts der Ergebnisse von den derzeit von der WHO präferierten NNRTI-basierten Therapie wieder auf die PI-basierte Therapie zu wechseln, dürfte deshalb nicht unbedingt auf Zustimmung stoßen. Schon gar nicht bei den Kindern, die die Protease-Inhibitoren wegen des unangenehmen Geschmacks in der flüssigen Medizin häufig ablehnen. © rme/aerzteblatt.de

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