Ärzteschaft
Viele Ärzte verzichten wegen Rechtsrisiken auf eigene Website
Montag, 21. Januar 2013
Hamburg – Knapp die Hälfte (47,5 Prozent) der niedergelassenen Ärzte in Deutschland besitzt keine eigene Praxis-Website. Das ist ein Ergebnis der Studie „Ärzte im Zukunftsmarkt Gesundheit 2012“ der Stiftung Gesundheit.
Demnach hält mehr als die Hälfte (52,5 Prozent) der niedergelassenen Ärzte ohne Praxis-Website Werbung im Internet für überflüssig, fast jeder vierte verzichtet aufgrund „zu vieler rechtlicher Unsicherheiten“ auf eine Homepage. Dabei hatten 90 Prozent der Ärzte, die eine Praxis-Homepage besitzen, erklärt, noch nie eine Abmahnung wegen eines mutmaßlichen Rechtsverstoßes ihrer Website erhalten zu haben. 8,7 Prozent wurden einmal abgemahnt, 0,5 Prozent bereits mehrfach.
Insgesamt zeigte sich die Stiftung Gesundheit überrascht, dass ein Großteil der Ärzte von der Entwicklung einer eigenen Homepage absieht: „Die Zahl qualifizierter Anbieter ist hoch, die Kosten sind vergleichsweise niedrig und letztlich kann ein Verweis auf rechtliche Gründe vielfach auch als ein Ausdruck von Unwillen gegenüber dem Medium „Internet“ interpretiert werden“, heißt es in der Studie.
© hil/aerzteblatt.de

Risiko ist nicht zu vernachlässigen

Nicht wegen der angeblichen Rechtsrisiken…
Ich betreibe neben meiner Beratungspraxis auch eine kleine Werbeagentur, spezialisiert auf Heilberufe. Daher kenne ich die ablehnenden Argumente der Ärzteschaft, egal ob sie mir von Ärzten genannt wurden oder ob ich sie selbst schlussfolgern konnte:
1.) Die „Kunden” / Patienten kommen doch von allein. Ein Blick in die Gelben Seiten oder das Telefonbuch reicht.
2.) Das Empfehlungsmarketing von Patienten in deren Bekanntenkreis reicht völlig aus.
3.) Eine eigene Website macht nur Arbeit und will dauernd technisch und inhaltlich gepflegt werden, ohne dass sie nachweisbar zusätzliche Patienten bringt.
4.) Die Praxis ist auch ohne Website schon mehr als ausgelastet. Zusätzliche Nachfrage von Patienten müsste abgewiesen werden.
5.) Was sollte man als Arzt denn überhaupt auf der eigenen Website mitteilen? Das liest doch eh keiner!
6.) Sich zusätzlich zur Arbeit in der Praxis und der damit zusammenhängenden Verwaltungsbürokratie auch noch die Arbeit mit einer Website aufzuhalsen, das ist unerwünscht.
Ignoriert wird aber meist:
dass gerade Privatpatienten dazu neigen, sich zuvor übers Internet zu informieren.
dass Ärzte- und Klinik-Bewertungsseiten immer mehr Bedeutung bekommen und es daher besser ist, aktiv zu kommunizieren und die Inhalte zu beeinflussen, als passiv zu bleiben und andere die Inhalte allein bestimmen zu lassen.
dass ein Teil der ärztlichen Beratung über die eigene Website erbracht werden kann und so die Sprechzeiten je Patient verringert werden können.
dass auch ein Arzt mit seinen Leistungen um so attraktiver wahrgenommen wird, je mehr er sich auf ein (bis maximal drei) Fachgebiete spezialisiert und diese auf der Website entsprechend darstellt.
dass das Heilmittelwerbegesetz seit Oktober 2012 etwas entschärft worden ist, sodass die Abmahngefahr deutlich geringer geworden ist, die Werbemöglichkeiten zugenommen haben.
dass die in den Praxisräumen oft als aufdringlich empfundene Werbung für IGEL-Leistungen mehr auf die Website verlagert werden kann und so eine seriösere Wirkung erreicht wird.
Ich finde es schade, wegen der verpassten Umsätze — sowohl auf Seiten der Ärzte / Heilberufe, aber auch auf meiner Seite. :-)
Clemens M. Hürten — Lebenslust jetzt! — Rottweil

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