Ausland
EU-Parlamentsauschuss lehnt Pflegeabitur ab
Mittwoch, 23. Januar 2013
Brüssel – Im Streit um die Ausbildung von Pflegepersonal hat Deutschland im Europaparlament Rückendeckung erhalten. Der Ausschuss für Binnenmarkt lehnte am Mittwoch mehrheitlich Pläne der Brüsseler Kommission ab, für diese Berufe künftig EU-weit eine zwölfjährige Schulausbildung vorzuschreiben. Die Abgeordneten einigten sich auf einen Kompromiss, nach dem für eine duale Ausbildung zur Krankenschwester oder zum Krankenpfleger eine mindestens zehnjährige Schulzeit genügt. Alternativ ist für Abiturienten eine Hochschulausbildung möglich.
„Der Mensch fängt nicht erst mit dem Abitur an. Als Arzt habe ich mit vielen Krankenschwestern zusammengearbeitet. In der Praxi habe ich festgestellt, dass die gute Ausbildung und die oft lange Berufserfahrung in vielen Situationen oftmals mehr wert waren als ein Abitur oder mein Medizinstudium", kommentierte der gesundheitspolitische Sprecher der EVP-Christdemokraten, Peter Liese, die Entscheidung des Binnenmarktausschusses.
Liese zufolge besitzen rund 45 Prozent der Krankenschwestern und -pfleger in Deutschland Abitur. Durch eine Anhebung der Zugangsvoraussetzungen würde in Deutschland ein gravierender Fachkräftemangel drohen. Daher sei die heutige Entscheidung ein starkes Signal für den Erhalt des deutschen Modells und ein guter Tag für das deutsche Krankenpflegesystem und seine Patienten, betonte Liese.
Dem Beschluss zufolge sollen in einem „Kompetenzkatalog“ aber die Anforderungen aufgelistet werden, die alle Gesundheitsfachkräfte in der EU erfüllen müssen – egal ob sie ein Abitur haben oder nicht. Diese Reform könne zu einer „Aufwertung des Berufsbildes führen“, erklärte die SPD-Europaabgeordnete Barbara Weiler.
Mit der nun verabschiedeten Position wird das Parlament Verhandlungen mit dem Ministerrat beginnen, in dem die 27 EU-Staaten vertreten sind. Die abschließende Abstimmung im Plenum könnte nach bisheriger Planung im Mai erfolgen. Dabei geht es um die gegenseitige Anerkennung von Berufsabschlüssen aller Art, die die Mobilität von Arbeitnehmern in der EU erleichtern soll.
Davon sollen Länder profitieren, die wie Deutschland einen Fachkräftemangel haben. Zugleich soll Bewerbern aus Ländern mit einer hohen Arbeitslosigkeit die Jobsuche in anderen EU-Staaten erleichtert werden.
Vorwarnmechanismus für Ärzte beschlossen
Im Zuge der Abstimmung über die Richtlinie verabschiedeten die Abgeordneten auch einen sogenannten Vorwarnmechanismus für Ärzte, die in ihrem Heimatland ihre Zulassung verloren haben. So wurde erste kürzlich bekannt, dass ein in Holland gesuchter Arzt ohne gültige Zulassung in Deutschland jahrelang weiter praktizieren konnte.
Die Europäische Kommission hat richtigerweise einen sogenannten Vorwarnungsmechanismus vorgeschlagen, wonach alle Mitgliedsstaaten informiert und gewarnt werden, wenn ein Arzt die Zulassung in einem Land verliert, erläuterte Liese. Diese Regelung müsse nun zügig umgesetzt werden für die Sicherheit der Patienten, so der Europaabgeordenete. © afp/EB/aerzteblatt.de

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