Ärzteschaft
Arzneimittelregister soll Lieferengpässe vermeiden helfen
Montag, 4. Februar 2013
Berlin – Im Sommer letzten Jahres hatten Krankenhausapotheker und Ärzteschaft Alarm geschlagen: Lieferengpässe bei wichtigen Arzneimitteln hatten dazu geführt, dass Therapien zum Beispiel in der Onkologie verschoben werden mussten. Um Lösungen für dieses Problem zu finden, hatte das Bundesgesundheitsministerium Ende 2012 Vertreter der Ärzte- und Apothekerschaft ins Ministerium geladen. Vergangenen Donnerstag fand ein weiteres Spitzengespräch im Ministerium mit Vertretern von Ärzte- und Apothekerschaft, Großhandel und pharmazeutischer Industrie statt.
„Diskutiert wurden insbesondere drei Lösungsansätze“, sagte der Vorsitzende der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ), Wolf-Dieter Ludwig, der für die Ärzteschaft an dem Gespräch teilnahm, gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt: Zum einen die Einrichtung eines Registers, in dem Arzneimittel gelistet sind, bei denen ein Lieferengpass droht. Ein ähnliches Register hat die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA bereits in den USA eingerichtet.
Diskutiert wurde auch, dass Pharmafirmen die Bundesoberbehörden künftig darüber informieren sollen, wenn sie ein Arzneimittel für einen Zeitraum von mehr als zwei Wochen nicht liefern können – allerdings sollen die Hersteller zunächst nicht dazu verpflichtet werden.
Zudem ist eine Liste mit essenziellen Arzneimitteln im Gespräch, die medizinisch absolut notwendig sind und immer ausreichend vorhanden sein müssen. „Eine solche Liste ist unbedingt erforderlich“, betonte Ludwig. „Wir schlagen vor, dass sie von den Fachgesellschaften erstellt und sowohl von der Ärzteschaft als auch von den Apothekern kommentiert wird.“
Die Pharmavertreter hätten sich gegen beide Vorschläge ausgesprochen. „Es darf aber jetzt nicht in erster Linie um die Interessen der Industrie gehen“, sagte Ludwig, „sondern darum, dass Ärzte ihre zum Teil schwer kranken Patienten mit den Arzneimitteln behandeln können, die sie benötigen.“ Zurzeit gebe es Engpässe insbesondere bei generischen Zytostatika und Antibiotika.
Zusätzlich will das Ministerium Ludwig zufolge prüfen, ob die zuständigen Behörden die Hersteller künftig dazu verpflichten können sollen, bestimmte Arzneimittel entsprechend ihres Bedarfs kontinuierlich zur Verfügung zu stellen. Eine entsprechende Passage war bereits für die im vergangenen Jahr erfolgte Novellierung des Arzneimittelgesetzes (§ 52b AMG) vorgesehen gewesen, dann aber kurzfristig gestrichen worden.
Schon heute ist es möglich, in Deutschland nicht zugelassene Arzneimittel aus dem Ausland zu importieren, wenn diese zur Behandlung lebensbedrohlicher Erkrankungen benötigt werden und wenn diese in dem Land zugelassen sind, aus dem sie eingeführt werden (§ 79, Abs. 5 AMG). Das Ministerium wolle nun ebenfalls prüfen, ob diese Regelung künftig auch bei einem Versorgungsmangel gelten soll, sagte Ludwig.
Im Vorfeld des Gespräches hatten sich die Vorstände der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) sowie die Kassenärztliche Bundesvereinigung für eine Bevorratung von bestimmten Medikamenten („Nationale Arzneimittelreserve“) ausgesprochen. Eine Vorratshaltung notwendiger Medikamente durch Hersteller und Großhandel in Deutschland sei wichtig, da viele Pharmaunternehmen ihre Produktion ins Ausland verlagert hätten, hatte der Vorstandsvorsitzende der KV Baden-Württemberg, Norbert Metke, erklärt, von dem der Vorschlag gekommen war. Wirkstoffe würden häufig nur noch an einem Ort und von einem Unternehmen produziert sowie Lagerhaltung aus Kostengründen abgebaut – ein einziger Produktionsausfall hätte somit weitreichende Folgen. © fos/aerzteblatt.de

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